Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg

 

Dorothea König

 

Seminararbeit im Rahmen des Fachliteraturseminars im Bereich der Pädagogischen Psychologie
(Univ.-Prof. Mag. Dr. Christiane Spiel) am Institut für Psychologie der Universität Wien, SS 2002

 


 

Inhalt:
  
1. Einleitung
  
2. Arbeitszeit für die Schule und Hausaufgaben
2.1 Zum Begriff Hausaufgaben
2.2 Positive und negative Effekte von Hausaufgaben
2.3 Einflussgrößen auf Arbeitszeit und Hausaufgaben
  
3. Erhebungsmethoden
3.1 Arbeitszeit für die Schule
3.2 Schulerfolg
  
4. Zeitaufwand in Primar- und Sekundarstufe
  
5. Determinanten der Arbeitszeit für die Schule
5.1 Das Modell von Helmke und Schrader
5.2 Untersuchungsergebnisse zu den Determinanten der Arbeitszeit für die Schule
  
6. Zum Zusammenhang zwischen Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben und Schulerfolg
  
7. Diskussion
  
8. Literatur

 

 

1. Einleitung


Die Frage nach der Arbeitszeit, die SchülerInnen außerhalb des regulären Unterrichts für die Schule aufwenden, verliert in der pädagogisch-psychologischen Forschung nicht an Aktualität. Die vorliegende Arbeit, deren Grundlage fünf von der Lehrveranstaltungsleitung vorgegebene Fachartikel bildet, beschäftigt sich mit dem Thema "Arbeitszeit für die Schule" mit besonderer Berücksichtigung der Erledigung von Hausaufgaben. Zudem soll die Arbeitszeit für die Schule anhand ausgewählter Forschungsergebnisse unter dem Aspekt des Schulerfolges beleuchtet werden.

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2. Arbeitszeit für die Schule und Hausaufgaben


Die Mehrheit der empirischen Studien zu dem Themenkomplex der "Arbeitszeit für die Schule" stellt die Erledigung von Hausaufgaben in den Vordergrund (vgl. z.B. Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck, Cooper, Nye & Lindsay, 2000). Arbeitszeit für die Schule wird also meist mit dem Ausmaß an erhaltenen Hausaufgaben (Muhlenbruck et al., 2000) bzw. mit jener Zeit gleichgesetzt, die SchülerInnen für Hausaufgaben benötigen.

Neben den Hausaufgaben kann sich Arbeitszeit für die Schule jedoch auch auf andere häusliche Aktivitäten beziehen, wie etwa auf das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests, das Wiederholen des aktuellen Stoffes oder auf die Vorbereitung von Referaten (Wagner & Spiel, 1999).

Da in der vorliegenden Arbeit das Thema "Arbeitszeit für die Schule" vorwiegend unter dem Aspekt der Hausaufgaben beleuchtet wird, soll nun näher auf den Begriff der Hausaufgaben eingegangen werden. Im Anschluss daran werden positive und negative Effekte von Hausaufgaben sowie Einflussgrößen auf Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben aufgezeigt.

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2.1 Zum Begriff Hausaufgaben

Hausaufgaben im traditionellen Sinn beziehen sich gemäß der meist eng gewählten Definition auf explizit von LehrerInnen an SchülerInnen gestellte Aufgaben, die außerhalb des regulären Unterrichts – meist zu Hause – erledigt werden sollen (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Cooper & Valentine, 2001; Huber, 1965, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Keck, 1994, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Tietze, Roßbach & Mader, 1987; Wagner & Spiel, 1999).

Der Begriff Hausaufgabe kann aber auch weiter gefasst werden. So beinhalten Hausaufgaben nach Pakulla (1967, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) alle aus dem Unterricht ableitbaren Aufgaben, durch welche SchülerInnen Wissen und Können aneignen, erweitern, festigen und wiederholen. Hintz, Pöppel und Rekus (1995, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) betrachten den Begriff in differenzierter Weise, indem sie zwischen nach- und vorbereitenden Hausaufgaben unterscheiden. Während durch nachbereitende Hausaufgaben bereits Gelerntes u.a. geübt, gefestigt und wiederholt wird, müssen SchülerInnen bei vorbereitenden Hausaufgaben Verschiedenes für den künftigen Unterricht erledigen.

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2.2 Positive und negative Effekte von Hausaufgaben

In der pädagogischen Praxis und in der empirischen Forschung herrscht überwiegend Uneinigkeit über die Wirkungen von Hausaufgaben. So können sowohl Befürworter als auch Gegner von Hausaufgaben zahlreiche Studien finden, die ihren jeweiligen Standpunkt zu untermauern scheinen (vgl. Cooper & Valentine, 2001).

Im folgenden Abschnitt werden Argumente angeführt, die für sowie gegen den Einsatz von Hausaufgaben sprechen. Die vielfältigen potentiellen Wirkungen von Hausaufgaben beschränken sich dabei nicht nur auf SchülerInnen, sondern schließen auch LehrerInnen und Eltern mit ein.


Positive Effekte von Hausaufgaben

Als ein wesentlicher positiver Effekt von Hausaufgaben wird meist hervorgehoben, dass Hausaufgaben zum Erwerb von Lerninhalten beitragen; so können SchülerInnen durch das Erledigen von Hausaufgaben den behandelten Stoff lernen, verstehen, speichern, üben und wiederholen (vgl. Aebli, 1987; Feiks, 1988; Schneider, 1985, alle zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck et al., 2000; Petersen et al., 1990, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999).
Hausaufgaben bieten SchülerInnen die Möglichkeit zu eigenen, individuellen Lernerfahrungen (Striegel & Schmack, 1983, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) und somit zum Erwerb von Lerntechniken (Aebli, 1987; Feiks, 1988; Schneider, 1985, alle zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) und zur Verbesserung ihrer Lernfähigkeit (Cooper & Valentine, 2001). SchülerInnen lernen, sich selbst und ihre Leistung einzuschätzen (Drewelow, Hess & Weck, 1988, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) und können durch Erfolgserlebnisse (Striegel & Schmack, 1983, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) ein positives Selbstkonzept (Tietze et al., 1987) entwickeln. Durch das Erledigen von Hausaufgaben wird den Kindern vermittelt, dass Lernen überall – auch außerhalb des schulischen Unterrichts – stattfinden kann (Cooper & Valentine, 2001).
Als eine weitere positive Wirkung von Hausaufgaben wird betont, dass diese bei SchülerInnen ein Gefühl für eine adäquate Zeiteinteilung erzeugen können (vgl. Drewelow, Hess & Weck, 1985, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Drewelow, Hess & Weck, 1988, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Im Rahmen einer Studie von Muhlenbruck und Mitarbeitern (2000) ergab eine Erhebung von Einstellungen der LehrerInnen zum Nutzen von Hausaufgaben, dass diese annahmen, Hausaufgaben würden SchülerInnen der Primarstufe im Vergleich zu jenen der Sekundarstufe wesentlich mehr helfen, Zeitmanagement zu erlernen.
Das Erledigen von Hausaufgaben kann SchülerInnen auch bei der Entwicklung von Selbstdisziplin, Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Pflichtgefühl fördern (vgl. Cooper & Valentine, 2001; Drewelow, Hess & Weck, 1985, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Drewelow, Hess & Weck, 1988, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Tietze et al., 1987; Cooper & Valentine, 2001).

Hausaufgaben können sich auch positiv auf den schulischen Unterricht auswirken, indem sie diesen zeitlich entlasten (Bossmann, 1984, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999).

Eltern erhalten Einblick in die schulischen Tätigkeiten ihrer Kinder und können in den Schulprozess eingebunden werden (Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck et al., 2000). Bei der Überprüfung der Hausaufgaben ist es Eltern möglich, ihre positive Einstellung zur Leistung des Kindes auszudrücken (Cooper & Valentine, 2001).


Negative Effekte von Hausaufgaben

Negative Effekte von Hausaufgaben stellen sich v.a. dann ein, wenn diese zu umfangreich und zu schwer sind, oder wenn den SchülerInnen der Arbeitsauftrag nicht ausreichend erklärt wurde (Becker & Kohler, 1988; Kamm, 1980; Wittmann, 1981, 1983, alle zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Landwehr, Fries und Hubler (1984, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) berichten von verschiedenen Belastungen durch die Schule; so klagten viele SchülerInnen über Ängste und Konzentrationsprobleme, wenn sie viele Hausaufgaben machen mussten. Dies kann insbesondere bei SchülerInnen mit schlechten Leistungen negative Auswirkungen auf ihre schulische Motivation zeigen (Flammer, 1995, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Nach Muhlenbruck und Mitarbeitern (2000) besteht die Gefahr, dass sich SchülerInnen bei der Beschäftigung mit Aufgaben, die sie nicht verstehen, frustriert fühlen. Müssen Kinder zu viel Zeit für einen bestimmten Lerninhalt aufwenden, kann dies nach Cooper und Valentine (2001) zu einem Verlust des Interesses führen, so dass sich bei SchülerInnen Langeweile einstellt.
Da SchülerInnen durch die oft umfangreichen Hausaufgaben vermehrt Freizeit in deren Erledigung investieren müssen, werden außerschulische Aktivitäten vernachlässigt, bei welchen Kinder ebenso Wichtiges lernen könnten (Cooper & Valentine, 2001; Geissler & Schneider, 1982, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000).

Der Einsatz von Hausaufgaben als Druck- und Disziplinierungsmittel kann sich negativ auf die Beziehung zu LehrerInnen und Eltern auswirken und so auch die Entstehung von Konflikten in Schule und Familie begünstigen (Geissler & Schneider, 1982; Hintz, Pšppel & Rekus, 1995; Petersen et al., 1990, alle zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Keck, 1978; Schwemmer, 1980, beide zitiert nach Tietze et al., 1987).

Eltern haben entweder oft keine Zeit bzw. Möglichkeit, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen (Muhlenbruck et al., 2000), oder sie fungieren bei der Hausaufgabenbetreuung als eine Art Lehrer (Hascher & Bischof, 2000; Tietze et al., 1987), wodurch insbesondere Mütter zeitlich belastet werden (Enders-Dragässer, 1981, 1982, zitiert nach Tietze et al., 1987). So halfen in 41% bzw. 30% der von Tietze und Mitarbeitern (1987) befragten Familien von GrundschülerInnen der 2. bzw. 4. Schulstufe die Mütter oft oder sehr oft bei der Erledigung der Hausaufgaben, während nur 7% bzw. 6% der Väter eine derartige Hilfe übernahmen. Die Einbeziehung der Eltern in den Hausaufgabenprozess kann bei den Kindern Verwirrung erzeugen, wenn sich die elterlichen Instruktionen von jenen der LehrerInnen unterscheiden (Cooper & Valentine, 2001).

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2.3 Einflussgrößen auf Arbeitszeit und Hausaufgaben

Es kann angenommen werden, dass die Arbeitszeit für die Schule sowie die Hausaufgabensituation durch verschiedene Faktoren bestimmt werden. Die vielfältigen und komplexen Einflussgrößen werden meist in die Bereiche "Schüler", "Schule" und "Familie" gegliedert (vgl. Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck et al., 2000; Tietze et al., 1987; Wagner & Spiel, 1999).

Bei den Schülervariablen werden insbesondere der Leistungsstand, die Fähigkeiten und das kognitive Niveau der SchülerInnen hervorgehoben (Carroll, 1963, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Tietze et al., 1987). Mit diesen Faktoren können Arbeitsverhalten (Tietze et al., 1987), Lerngewohnheiten (Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000) und Lerntempo (Petersen, Reinert & Stephan, 1990, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) in Zusammenhang gebracht werden. Neben diesen überwiegend leistungsbezogenen Variablen spielt auch eine Reihe psychologischer Parameter eine Rolle. So können Arbeitszeit und Hausaufgabensituation von Ausdauer, Arbeitshaltung, Leistungsmotivation, Anspruchsniveau, Selbstkonzept, Ängstlichkeit sowie von Einstellungen der SchülerInnen zu Hausaufgaben beeinflusst werden (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Wagner & Spiel, 1999).

Im Bereich des schulischen Umfeldes sind die Qualität des Unterrichts, die Kontrolle und der Leistungsdruck der LehrerInnen von Bedeutung (Carroll, 1963; Heckhausen, 1980; Krug & Rheinberg, 1980, alle zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Umfang, Schwierigkeitsgrad und Strukturierung der Hausaufgaben werden in erster Linie durch die Schule bestimmt (Cooper & Valentine, 2001; Tietze et al., 1987).

Zu den Elternvariablen werden meist Erziehungsstil, elterliche Kontrolle, Leistungsdruck und elterliche Unterstützung gezählt (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Tietze et al., 1987; Wagner & Spiel, 1999). Von Tietze und Mitarbeitern (1987) werden Berufstätigkeit der Mutter, elterliche Bildungsaspiration und emotionale Zuwendung zum Kind bei schlechten Schulleistungen als weitere familiäre Faktoren angeführt. Nach Cooper und Valentine (2001) beeinflusst die häusliche Umgebung den Hausaufgabenprozess, indem sie eine Atmosphäre schafft, die das Lernen des Kindes fördert oder hemmt.

Neben der häuslichen Umgebung kann auch das weitere soziale Umfeld Einfluss auf Arbeitszeit und Hausaufgaben nehmen, da dieses Möglichkeiten für diverse Freizeitaktivitäten bietet, für welche SchülerInnen ebenfalls Zeit aufbringen (Cooper & Valentine, 2001).

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3. Erhebungsmethoden


Im folgenden Abschnitt wird sowohl auf die Erfassung des häuslichen Zeitaufwandes für die Schule als auch auf Erhebungsmethoden des schulischen Erfolges eingegangen.

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3.1 Arbeitszeit für die Schule

Zur Erfassung der Zeit, die SchülerInnen außerhalb des regulären Unterrichts für die Schule aufwenden, werden häufig Eltern- bzw. LehrerInnen-Befragungen durchgeführt. In der Studie von Tietze und Mitarbeitern (1987) zur Hausaufgabensituation sollten etwa Eltern von GrundschülerInnen u.a. angeben, wieviel Zeit ihre Kinder für die Erledigung der Hausaufgaben benötigen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie gut Eltern oder LehrerInnen über den tatsächlichen Zeitaufwand der SchülerInnen Bescheid wissen (Wagner & Spiel, 1999). Verschiedenen Untersuchungen zufolge stimmen Selbsteinschätzungen der SchülerInnen im Wesentlichen mit Angaben der Eltern überein (vgl. Eigler & Krumm, 1972; Holzmüller, 1982, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999); LehrerInnen erachten hingegen den schulbezogenen häuslichen Zeitaufwand der SchülerInnen oft für deutlich geringer als dies in Wirklichkeit der Fall ist (vgl. Petersen, Reinert & Stephan, 1990; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999).

Haag (1991, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) erbrachte einen empirischen Nachweis davon, dass retrospektive globale Einschätzungen der Hausaufgabendauer durch SchülerInnen in nur geringem Ausmaß mit täglichen Protokollen übereinstimmten. Dieser Umstand und die hohe ökologische Validität von Tagebüchern in häuslichen Umgebungen (vgl. Wagner & Spiel, 1999) sprechen für deren Einsatz bei Studien, die sich mit der Frage nach dem Zeitaufwand für die Schule befassen. Die Datenerhebung der häuslichen Arbeitszeit erfolgte jedoch nur selten mittels von SchülerInnen selbst vorgenommener täglicher Aufzeichnungen (vgl. Haag, 1991; Vetter, 1983, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Wagner und Spiel (1999) gebrauchten in ihren Studien zum Thema Arbeitszeit für die Schule eine Art Tagebuch. Die SchülerInnen mussten in einem Heft täglich über eine Woche hindurch protokollieren, wieviel Zeit sie zu Hause in verschiedene schulbezogene Aktivitäten investierten. Die Eintragungen wurden getrennt für Schularbeits- und Nebenfächer durchgeführt und bezogen sich auf das Erledigen von Hausaufgaben, das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests, das Wiederholen des aktuellen Stoffes sowie auf das Vorbereiten von Referaten.

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3.2 Schulerfolg

Zur Erhebung der schulischen Leistung werden in den verschiedenen Studien Schulnoten (vgl. Wagner & Spiel, 1999) oder standardisierte Leistungstests (vgl. Hascher & Bischof, 2000; Muhlenbruck et al., 2000) herangezogen. Tietze und Mitarbeiter (1987) bildeten eine Skala aus Schulnoten und Ergebnissen verschiedener Intelligenz- und Leistungstests, wobei nicht hervorgeht, wie sie auf ein derartiges Maß für die Schulleistung kamen.

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4. Zeitaufwand in Primar- und Sekundarstufe


Die Schulbehörden verschiedener westlicher Länder geben in Abhängigkeit von Alter bzw. Schulstufe der Kinder Richtlinien für die Dauer der häuslichen Arbeitszeit für die Schule.

Gemäß den rechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen sollen Hausaufgaben so gestellt werden, dass deren Erledigung z.B. bei GrundschülerInnen der 2. Klasse maximal 30 Minuten bzw. bei jenen der 4. Schulstufe höchstens 60 Minuten täglich in Anspruch nimmt (Kultusminister Nordrhein-Westfalen, 1974, zitiert nach Tietze et al., 1987).

SchülerInnen der Grundschule (1. bis 4. Schulstufe) benötigen ihren eigenen Angaben zufolge überwiegend zwischen 30 und 120 Minuten täglich für die Hausaufgaben (Leidenfrost, 1994; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999).
In der Studie von Tietze und Mitarbeitern (1987) wenden GrundschŸlerInnen in der 2. Schulstufe nach Angaben der Eltern durchschnittlich 47 Minuten pro Tag für die Hausaufgaben auf. 59% der Kinder arbeiten zu Hause länger als die vom Kultusminister von Nordrhein-Westfalen (1974, zitiert nach Tietze et al., 1987) vorgesehenen 30 Minuten. Im Vergleich dazu investieren nur 20% der GrundschülerInnen in der 4. Klasse mehr Zeit in die Erledigung von Hausaufgaben als die empfohlenen 60 Minuten. In der 4. Schulstufe beläuft sich die tägliche häusliche Arbeitszeit im Durchschnitt auf 56 Minuten.

In einem Erlass der Wiener Schulbehörde (Stadtschulrat für Wien, 1993, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) wurden u.a. für die Sekundarstufe Maximalzeiten festgelegt. So sind für die 5. und 6. Schulstufe maximal 5 Stunden pro Woche vorgesehen, in der 7. und 8. Schulstufe sollen wöchentlich höchstens 6 Stunden 15 Minuten und von der 9. bis zur 12. Schulstufe maximal 7 Stunden 30 Minuten investiert werden.

Die Mehrheit der SchülerInnen in der Sekundarstufe (5. bis 8. Schulstufe) benötigt nach eigenen Angaben zwischen 30 und 180 Minuten pro Tag (Petersen et al., 1990; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). In der Untersuchung von Vetter (1983, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) wurden genaue Aufzeichnungen von GymnasiastInnen der 7. bis 11. Schulstufe erhoben, denen zufolge die tägliche Arbeitszeit für die Schule durchschnittlich 107.5 Minuten beträgt.

In den Studien von Wagner und Spiel (1999) wurde der häusliche Zeitaufwand für verschiedene schulbezogene Aktivitäten von Wiener GymnasiastInnen der 10. Schulstufe differenziert erfasst. Die SchülerInnen sollten für die Dauer einer Woche in eine Art Tagebuch eintragen, wieviel Zeit sie täglich für das Erledigen von Hausaufgaben, das Wiederholen des aktuellen Stoffes, das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests und für das Vorbereiten von Referaten aufwendeten. In der zweiten erweiterten Studie von Wagner und Spiel (1999) lag die Arbeitszeit bei mehr als der Hälfte der SchülerInnen (54.2%) über der von der Wiener Schulbehörde vorgesehenen wöchentlichen Maximalzeit von 7 Stunden 30 Minuten. In einer Woche investierten die SchülerInnen durchschnittlich 9.82 Stunden in die schulbezogenen häuslichen Aktivitäten.
Die inhaltliche Aufteilung der Arbeitszeit ergab signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Aktivitäten. So wendeten die SchülerInnen die meiste Zeit für das Lernen für Schularbeiten und Tests auf. Deutlich weniger Zeit investierten sie in das Erledigen von Hausaufgaben. Mit dem Wiederholen des aktuellen Stoffes und dem Vorbereiten von Referaten verbrachten die SchülerInnen kaum Zeit.

Der Erlass der Wiener Schulbehörde (Stadtschulrat für Wien, 1993, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) enthält neben der Festlegung der Maximalzeiten für die schulbezogene häusliche Arbeit auch die Forderung, dass sich diese Zeiten auf Montag bis Freitag aufteilen, während das Wochenende arbeitsfrei sein soll.
Wagner und Spiel (1999) gingen u.a. der Frage nach, wie sich die häusliche Arbeitszeit für die Schule über eine gesamte Kalenderwoche verteilt. Es zeigte sich, dass sich der Zeitaufwand der befragten GymnasiastInnen der 10. Schulstufe nicht gleichmäßig auf die Wochentage erstreckt. Zu Beginn der Woche und am Sonntag investieren die SchülerInnen deutlich mehr Zeit in die häusliche Arbeit für die Schule als in der Mitte der Woche.

Die Ergebnisse verschiedener Studien stimmen also überwiegend weder hinsichtlich des tatsächlichen Zeitaufwandes für die häusliche Arbeit noch bezüglich dessen Verteilung über die Schulwoche mit den Vorgaben der Schulbehörden überein.

SchülerInnen- bzw. Eltern- und LehrerInnenangaben zur Arbeitszeit, die für die Schule aufgewendet wird, aber auch Angaben innerhalb derselben befragten (Schüler-)Stichprobe weisen im Allgemeinen eine hohe Variabilität auf (vgl. Wagner & Spiel, 1999). Die zeitlichen Schwankungen bei der Arbeitszeit sind scheinbar auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. So stellt sich die Frage nach den Determinanten des häuslichen Zeitaufwandes für die Schule, auf welche in der Folge eingegangen werden soll.

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5. Determinanten der Arbeitszeit für die Schule


In diesem Abschnitt werden verschiedene Faktoren angeführt, die die Arbeitszeit und daraus resultierend auch den Schulerfolg potentiell beeinflussen. Dabei bildet ein Modellansatz den Rahmen für die Darstellung einiger Untersuchungsergebnisse.

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5.1 Das Modell von Helmke und Schrader

Helmke und Schrader (1996, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) entwickelten ein Modell, das primär der Vorhersage des Lernerfolgs im Universitätsstudium dienen sollte, jedoch auch auf den schulischen Lernerfolg übertragen werden kann. Verschiedene Faktoren werden mit der Arbeitszeit sowie mit dem sich daraus ergebenden Lernerfolg in Beziehung gesetzt. Die in dem Modell enthaltenen Determinanten werden nun beschrieben.

Der Bereich "persönlicher Hintergrund" umfasst die Variablen Alter, Geschlecht, Lernerfahrung, Wohn-, Finanz- und familiäre Situation.
Objektive Kompetenz (Fähigkeiten, Vorkenntnisse, Arbeitshaltung, Lernstrategien), subjektive Kompetenz (Fähigkeitsselbstbild, Ängstlichkeit), Valenz (Interesse, intrinsische Motivation) und Ziel (Standard, Anspruchsniveau) werden unter "psychologische Personenvariablen" subsummiert.
"Institutionelle und ökologische Bedingungsfaktoren" beziehen sich u.a. auf Unterrichtsinhalte, Qualität des Unterrichts, Leistungsdruck, Sozialklima und Normen.
Die Lernzeit setzt sich nach Helmke und Schrader (1996, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) aus der aufgewendeten Arbeitszeit und der aktiven Lernzeit zusammen. Aktive Lernzeit ist eine Teilmenge der aufgewendeten Arbeitszeit und stellt als Funktion der verschiedenen Determinanten den Prädiktor für den Lernerfolg dar.

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5.2 Untersuchungsergebnisse zu den Determinanten der Arbeitszeit für die Schule


Persönlicher Hintergrund

Geschlecht:
In den Studien von Wagner und Spiel (1999) wurden geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich des Zeitaufwandes für schulbezogene Aktivitäten außerhalb des regulären Unterrichts festgestellt. So investieren Mädchen deutlich mehr Zeit in die häusliche Arbeit als Knaben. In den mittels Tagebuch befragten Stichproben von GymnasiastInnen der 10. Schulstufe bestehen die Geschlechtsunterschiede nur hinsichtlich der Quantität der Arbeitszeit, sie beziehen sich aber nicht auf die Aufteilung des Zeitaufwandes über die Woche oder auf die inhaltliche Differenzierung der verschiedenen häuslichen Aktivitäten in Lernen für Schularbeiten bzw. Tests, Hausaufgaben, Wiederholung des aktuellen Stoffes und Vorbereitung von Referaten.

Familiäre Situation:
Tietze und Mitarbeiter (1987) führten eine Untersuchung zur Hausaufgabensituation bei GrundschülerInnen (2. und 4. Schulstufe) in Nordrhein-Westfalen durch, in der individuelle Schülerbedingungen und familiäre Einflussgrößen berücksichtigt wurden. Die familiären Variablen beziehen sich hier u.a. auf die elterliche Bildungsaspiration, den elterlichen Leistungsdruck und auf die Nationalität der Familie. Hinsichtlich der Hausaufgabendauer – eines der Merkmale der Hausaufgabensituation – kommen Tietze und Mitarbeiter (1987) zu dem Schluss, diese sei sowohl bei SchülerInnen der 2. als auch der 4. Schulstufe bei höheren elterlichen Bildungsansprüchen und in ausländischen Familien länger. Diese Aussage stützt sich jedoch auf niedrige Korrelationskoeffizienten. Liegt die Korrelation für die Variable Leistungsdruck noch bei 0.29 (2. Schulstufe) bzw. 0.23 (4. Schulstufe), so beträgt diese für die elterliche Bildungsaspiration 0.09 in beiden Schulstufen und für die Nationalität gar nur 0.08 (2. Schulstufe). Es ist auch zu bedenken, dass in der Studie von Tietze und Mitarbeitern (1987) die Erhebung der verschiedenen Variablen nicht genau beschrieben wird; aufgrund der fehlenden Angaben zu Kodierungen der Merkmalsausprägungen geht nicht hervor, wie die Richtung der Korrelationskoeffizienten zu interpretieren ist.
Während sich Tietze und Mitarbeiter (1987) in ihrer Studie auf Angaben der Eltern beziehen, geben Wagner und Spiel (1999) in ihrer zweiten Studie die Skala "Elterlicher Leistungsdruck aus Kindsicht" (Sirsch, Spiel & Wagner, 1995, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) zur familiären Situation vor. Den Angaben der befragten GymnasiastInnen zufolge besteht zwischen Leistungsdruck der Eltern und häuslicher Arbeitszeit kein Zusammenhang. Der elterliche Leistungsdruck korreliert jedoch mit den Schulnoten (0.24, signifikant auf dem 5%-Niveau): So berichten SchülerInnen mit schlechten Noten von höherem Leistungsdruck als SchülerInnen mit guten Noten.


Psychologische Personenvariablen

Subjektive Kompetenz:
In der zweiten Studie von Wagner und Spiel (1999) schätzten die befragten GymnasiastInnen der 10. Schulstufe u.a. auch ihr Fähigkeitsselbstbild und ihre Prüfungsangst ein. Dazu sollten sie die Skala "Schulisches Selbstkonzept" aus den Selbstkonzeptskalen (Harter, 1985, in der Version von Asendorpf & Van Aken, 1993, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) sowie die Skala "Prüfungsangst" aus dem Angstfragebogen für Schüler (Wieczerkowski, Nickel, Janowski, Fittkau & Rauer, 1979, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) bearbeiten. Zum einen bestand zwischen schulischem Selbstkonzept und Schulnoten eine Korrelation von -0.49; zum anderen wurde zwischen Prüfungsangst und Arbeitszeit eine Korrelation von 0.33 beobachtet (beide Korrelationen signifikant auf dem 5%-Niveau). SchülerInnen mit guten Noten weisen also ein höheres schulisches Selbstkonzept auf als jene mit schlechten Noten; SchülerInnen mit erhöhter Angst vor Prüfungen wenden mehr Zeit für die schulbezogene häusliche Arbeit auf als SchülerInnen mit wenig Prüfungsangst. Bezüglich der beiden Variablen wurden Geschlechtsunterschiede festgestellt: Während Knaben tendenziell über ein höheres schulisches Selbstkonzept verfügen, geben Mädchen im Durchschnitt mehr Prüfungsangst an. Nach den Schulnoten (gut/schlecht) und der Arbeitszeit (hoch/niedrig) wurden vier Gruppen von SchülerInnen mittels Mediansplittung gebildet, die u.a. hinsichtlich Prüfungsangst verglichen wurden. Es zeigte sich, dass SchülerInnen mit schlechten Noten und hoher Arbeitszeit mehr Angst vor Prüfungen haben als SchülerInnen mit guten Noten und niedriger Arbeitszeit. Den Ergebnissen von Wagner und Spiel (1999) zufolge kann Prüfungsangst sowohl mit der Arbeitszeit für die Schule als auch mit den Schulnoten in Zusammenhang gebracht werden.


Institutionelle und ökologische Bedingungsfaktoren

In der Mehrzahl der Studien zum Thema Arbeitszeit für die Schule bzw. Hausaufgaben bleiben institutionelle und ökologische Faktoren unberücksichtigt (vgl. Tietze et al., 1987; Wagner & Spiel, 1999). Dennoch können dieser Kategorie von Determinanten der Arbeitszeit verschiedene Untersuchungsergebnisse zugeordnet werden.
Die Unterrichtsinhalte betreffend lassen sich die Schulfächer in Haupt- und Nebenfächer unterteilen. Die von Wagner und Spiel (1999) befragten SchülerInnen aus Wiener Gymnasien investieren pro Woche deutlich mehr Zeit in Hauptfächer (M=8.02 Stunden, SD=6.02; Studie II) – also in Schularbeitsfächer wie Deutsch, Mathematik, lebende Fremdsprachen und Latein – als in Nebenfächer (M=1.80, SD=2.33; Studie II).
Dass die in dem Modell von Helmke und Schrader (1996, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) angeführten Variablen Sozialklima und Normen Einfluss auf die Arbeitszeit nehmen, stimmt auch mit der Annahme von Petersen, Reinert und Stephan (1990, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) überein, der zufolge die Arbeitszeit für die Schule sowohl von den sozialen Beziehungen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen als auch von den Wertvorstellungen der MitschülerInnen abhängt.

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6.

Zum Zusammenhang zwischen Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben
und Schulerfolg


Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben und schulischer Leistung weisen hohe Diskrepanz auf. Studien diesen Inhalts lassen v.a. zwei Herangehensweisen erkennen. Zum einen wird versucht, den Zeitaufwand für die Schule bzw. das Erledigen von Hausaufgaben in Hinblick auf zukünftige Schulerfolge zu untersuchen; zum anderen wird die Arbeitszeit für die Schule in Abhängigkeit von der bereits bestehenden Schulleistung betrachtet.

Bislang konnte der leistungssteigernde Effekt von Hausaufgaben empirisch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Dennoch zeigen verschiedene Studien, dass der Zusammenhang zwischen Hausaufgaben und Leistung in höheren Schulstufen stärker ist als etwa in der Grundschule.
Marshall (1982, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) stellte für den Bereich Mathematik fest, dass sich Hausaufgaben insbesondere in höheren Klassen positiv auf die Leistungen der SchülerInnen auswirken, wobei die Leistungssteigerung v.a. bei Problemlöseaufgaben im Vergleich zu automatisierten Rechenaufgaben beobachtet werden kann.
Die Ergebnisse der Mataanalyse von Cooper (1989, zitiert nach Cooper & Valentine, 2001 und Muhlenbruck et al., 2000), in welche nahezu 120 empirische Studien über Hausaufgabeneffekte eingingen, deuten durchwegs auf einen Einfluss des Alters der SchülerInnen bzw. der Schulstufe hin.
Bezüglich des Zusammenhangs zwischen der Hausaufgabenmenge und den in Leistungstests erzielten Scores ermittelte Cooper (1989, zitiert nach Cooper & Valentine, 2001 und Muhlenbruck et al., 2000) von insgesamt 50 Korrelationen 43 positive Korrelationen. Dies bedeutet, dass SchülerInnen, die mehr Hausaufgaben erledigen, auch höhere Scores in Leistungstests aufweisen. Hingegen sind SchülerInnen niedrigerer Schulstufen, die in einer Woche 5 bis 10 Stunden für Hausaufgaben aufwenden, in Leistungstests nicht besser als jene SchülerInnen, die wöchentlich nur 1 bis 5 Stunden in das Erledigen von Hausaufgaben investieren (Cooper & Valentine, 2001).
Eine Reihe von Untersuchungen, die von Cooper (1989, zitiert nach Cooper & Valentine, 2001 und Muhlenbruck et al., 2000) in die Metaanalyse aufgenommen wurden, stellte Leistungsvergleiche von SchülerInnen, die Hausaufgaben erledigten, mit solchen an, die keine Hausaufgaben erhielten. Bei 14 von 20 unabhängigen Stichproben sprachen die Ergebnisse für eine positive Wirkung von Hausaufgaben auf die schulische Leistung, wobei auch in diesen Studien die Schulstufe von Bedeutung war. Während in höheren Schulstufen ein mittlerer bis großer Effekt der Hausaufgaben (d=0.64) vorliegt, beträgt die Effektgröße in niedrigen Schulstufen lediglich 0.15. Für die nur geringe Wirkung von Hausaufgaben auf die Leistung der SchülerInnen im Grundschulalter sprechen auch die Ergebnisse der Längsschnittstudie von Wittmann (1970, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Die Rechen- bzw. Rechtschreibleistung von GrundschülerInnen der 3. Schulstufe verschlechterte sich nicht, obwohl die Kinder für die Zeit von vier Monaten keine Hausaufgaben erledigen mussten. Den Grund für die mangelnde Effizienz von Hausaufgaben in der Grundschule sieht Wittmann (1970, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) u.a. in deren mechanisch-gedächtnismäßigem Übungscharakter, der nur sehr wenig zur Leistungsverbesserung beiträgt.

In der zweiten Studie von Wagner und Spiel (1999) wurde zwischen Arbeitszeit und Schulnoten eine Korrelation von 0.12 festgestellt. Wagner und Spiel (1999) weisen darauf hin, dass dieser numerisch niedrige Koeffizient nicht verwunderlich erscheint, da man davon ausgehen kann, dass SchülerInnen mit guten, durchschnittlichen oder schlechten Noten sowohl viel als auch wenig Zeit für schulbezogene häusliche Aktivitäten aufwenden.
Auch Tietze et al. (1987) kommen zu dem Schluss, dass die Schulleistung nur sehr geringen Einfluss auf die Dauer für die Erledigung der Hausaufgaben nimmt. So korreliert die Schulleistung mit der Hausaufgabendauer in der 2. Grundschulstufe in der Höhe von -0.07, in der 4. Schulstufe liegt die Korrelation bei -0.08.
Muhlenbruck und Mitarbeiter (2000) überprüften in ihrer Studie u.a. die Hypothese, dass schlechte SchülerInnen mehr Zeit für dieselbe Hausaufgabe benötigen als dies bei guten SchülerInnen der Fall ist. Dazu wurden in jeder der befragten Klassen die erhobenen SchülerInnen-Berichte über den Zeitaufwand für die Hausaufgaben mit den in einem Leistungstest erzielten Scores korreliert. Wie in der Hypothese angenommen beobachteten Muhlenbruck und Mitarbeiter (2000) negative Korrelationen, die jedoch sowohl für die Elementar- als auch die Sekundarstufe keine statistische Signifikanz erreichten.

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7. Diskussion


Nach der Bearbeitung der vorliegenden Literatur ist es nicht möglich, zu einer allgemeinen Aussage bezüglich Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg zu gelangen. Die meist diskrepanten Untersuchungsergebnisse resultieren wohl vorwiegend aus den nur eingeschränkt vergleichbaren Studien. Die Befragungen beziehen sich auf unterschiedliche Alters- bzw. Schulstufen, Schultypen und Schulsysteme. Die untersuchten Stichproben setzen sich auf der einen Seite entweder aus Eltern, SchülerInnen oder LehrerInnen zusammen, andererseits werden diese auch gleichzeitig mit einbezogen. Den Studien liegen unterschiedlich gewählte Definitionen, Operationalisierungen und Erhebungsmethoden von Arbeitszeit und Schulerfolg zugrunde. Gegenüber den meist retrospektiven Einschätzungen der Arbeitszeit durch SchülerInnen, Eltern oder LehrerInnen ist den von SchülerInnen selbst vorgenommenen täglichen Protokollierungen in Form von Tagebüchern (vgl. Wagner & Spiel, 1999) aufgrund ihrer hohen ökologischen Validität in häuslichen Umwelten der Vorzug zu geben. Doch auch bei derartigen Aufzeichnungen ist nicht überprüfbar, ob diese wirklich täglich und wahrheitsgetreu erfolgen.

Bei der Beschäftigung mit dem Thema Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg sollte die Individualität der einzelnen SchülerInnen berücksichtigt werden. So ist zu bedenken, dass sowohl gute als auch schlechte SchülerInnen unterschiedlich lange Arbeitszeiten für die Schule benötigen. Dies geht auch aus der hohen Variabilität in den Angaben zum Zeitaufwand in ein und derselben Stichprobe hervor (vgl. Wagner & Spiel, 1999).
Man kann davon ausgehen, dass SchülerInnen die häusliche Arbeitszeit unterschiedlich effizient nützen. In Anlehnung an das Modell von Helmke und Schrader (1996, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) erscheint es in diesem Zusammenhang sinnvoll, zwischen aufgewendeter Arbeitszeit und aktiver Lernzeit zu unterscheiden. Diese Differenzierung sowie das Arbeitsverhalten als ein schülerspezifischer Einflussfaktor, dem hier wohl eine wichtige Rolle zukommt, sollten in zukünftigen Studien berücksichtigt werden (vgl. Wagner & Spiel, 1999).

Es ist bedenklich, dass die Vorgaben der Schulbehörden bezüglich häuslicher Arbeitszeit für die Schule in den meisten empirischen Studien überschritten werden. Für die Grundschule hat sich gezeigt, dass SchülerInnen, die keine Hausaufgaben machen mussten, keine schlechteren Leistungen erbrachten als solche, die Hausaufgaben erledigten (vgl. Wittmann, 1970, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Dies liegt wohl daran, dass in der Grundschule genügend Zeit für vermehrtes Wiederholen und Lernen eingeräumt wird. In der Sekundarstufe gibt der Lehrplan für ausreichendes Wiederholen und gemeinsames Erarbeiten der Lerninhalte zu wenig Raum, was eine längere häusliche Arbeitszeit für die Schule zufolge hat. Um eine Lösung für das Problem des zu großen Zeitaufwandes zu finden, wäre es günstig, mehr Kommunikation unter den LehrerInnen zu erwirken, wodurch die einzelnen Hausaufgaben besser aufeinander abgestimmt werden könnten.

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8. Literatur


Cooper, H. & Valentine, J. C. (2001). Using research to answer practical questions about homework. Educational Psychologist, 36 (3), 143–153.

Hascher, T. & Bischof, F. (2000). Integrierte und traditionelle Hausaufgaben in der Primarschule – ein Vergleich bezüglich Leistung, Belastung und Einstellungen zur Schule. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 47, 252–265.

Muhlenbruck, L., Cooper, H., Nye, B. & Lindsay, J. J. (2000). Homework and achievement: Explaining the different strengths of relation at the elementary and secondary school levels. Social Psychology of Education, 3, 295–317.

Tietze, W., Roßbach, H.-G. & Mader, J. (1987). Zur Hausaufgabensituation bei Grundschülern. Empirische Pädagogik, 1 (4), 309–329.

Wagner, P. & Spiel, C. (1999). Arbeitszeit für die Schule – zu Variabilität und Determinanten. Empirische Pädagogik, 13 (2), 123–150.

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