Einstellungen
Dorothea König |
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Margit Herle |
Seminararbeit im Rahmen der Lehrveranstaltung "Wirtschaftspsychologie: Psychologische Arbeitsplatzgestaltung II"
(Ass.-Prof. Dr. P. Weingarten) am Institut für Psychologie der Universität Wien, SS 2002
1. WAS SIND EINSTELLUNGEN?
Einstellungen (englisch "attitudes") sind relativ überdauernde, positive oder negative Bewertungen eines
Einstellungsobjekts. Einstellungsobjekte können Personen, Gruppen, Situationen, Ideen, Normen, Gegenstände, Produkte etc. sein. Das
Verhalten einer Person kann durch ihre Einstellungen potentiell beeinflusst werden. Da Einstellungen nicht direkt beobachtbar sind, werden sie aus dem
Verhalten erschlossen also aus physiologischen Reaktionen, verbalen Äußerungen, Verhaltensabsichten oder aus beobachtbarem
Verhalten (nach Hartung, 2000).
Ausgewählte Definitionen von Einstellungen:
- Newcomb (1959, zitiert nach Güttler, 1996) beschreibt eine Einstellung als Prädisposition eines Individuums, hinsichtlich einer bestimmten
Sache zu handeln, wahrzunehmen, zu denken und zu fühlen.
- Nach Fishbein und Ajzen (1975, zitiert nach Güttler, 1996) ist eine Einstellung eine gelernte Disposition, sich konstant positiv oder negativ
gegenüber einem sozialen Objekt zu verhalten.
- Stroebe (1980, zitiert nach Güttler, 1996) definiert Einstellung als die Bereitschaft zur positiven oder negativen Bewertung eines Einstellungsobjekts,
welche auf Gefühlen und Meinungen gegenüber diesem beruht.
- Nach Petty und Cacioppo (1986, zitiert nach Güttler, 1996) stellen Einstellungen ein generelles, andauerndes positives oder negatives Gefühl
einer Person gegenüber einem Objekt oder Sachverhalt dar.
- Mummendey (1988, zitiert nach Güttler, 1996) betrachtet Einstellungen als Art und Weise, wie sich ein Individuum in seinen Gedanken, Gefühlen,
Bewertungen und Verhaltensabsichten auf ein soziales Objekt richtet.
Verschiedene Einstellungen können miteinander zu einem übergeordneten, komplexeren Einstellungssystem verbunden sein.
So umfasst beispielsweise das System der "Einstellungen zur Umwelt" Einstellungen, die sich auf vielfältige Bereiche wie etwa
Abfallbeseitigung, Recycling, Verkehrswesen, Straßen- und Städtebau, Natur, Ozonloch, Kfz-Katalysator, Atomkraftwerke etc. beziehen (nach
Güttler, 1996).
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2. DIE DREI KOMPONENTEN DER EINSTELLUNG
Das Strukturmodell der Einstellung geht auf Rosenberg und Hovland (1960, zitiert nach Güttler, 1996) zurück und besagt, dass
sich jede Einstellung aus drei Komponenten zusammensetzt: Eine Einstellung kann in eine kognitive, affektive und Verhaltenskomponente aufgegliedert
werden (nach Güttler, 1996; Hartung, 2000):
Kognitive Komponente:
Die kognitive Komponente bezieht sich auf Informationen und das Wissen über ein Einstellungsobjekt.
Wahrnehmung, Erkenntnis, Beurteilung, Überzeugung, Meinung, Wissen, Glauben, Vorstellung, Urteil
Affektive Komponente:
Bei der affektiven Komponente handelt es sich um die subjektive Bewertung des Einstellungsobjekts.
Gefühl, Mögen, Nichtmögen, Bewertung, Evaluation, Reaktionen des autonomen Nervensystems
Verhaltenskomponente:
Die Verhaltenskomponente beinhaltet sowohl offen gezeigtes Verhalten als auch die Absicht, sich in bestimmter Weise gegenüber einem
Einstellungsobjekt zu verhalten.
Verhaltenstendenz, Verhaltensabsicht, Handlungsbereitschaft, overtes Verhalten, Mitteilung über eigenes Verhalten
Beispiel: Ich habe mich über die Programmatik und Aktivitäten einer politischen Partei informiert (kognitive Komponente)
und bewerte diese positiv (affektive Komponente). Ich bin bereit, diese Partei zu wählen und erkundige mich über eine örtliche
Wählerinitiative, in der ich evt. aktiv werden kann (Verhaltenskomponente) (nach Hartung, 2000).
In dem Strukturmodell der Einstellung wird angenommen, dass die drei Komponenten zueinander in wechselseitiger Beziehung stehen und
sich gegenseitig bedingen. Forschungsergebnisse und Alltagserfahrungen zeigen jedoch, dass dieser Zusammenhang nicht so stark ist wie postuliert.
Balancierte, stabile, homogene Einstellungen weisen eine hohe Konsistenz zwischen den drei Komponenten auf. Bei ambivalenten
Einstellungen sind die einzelnen Komponenten hingegen inkonsistent. Es besteht die Tendenz, durch Änderung von Teilaspekten der Einstellung
Stimmigkeit also interne Konsistenz in der Einstellungsstruktur herzustellen. Inkonsistente Einstellungen sind weniger stabil und daher auch
leichter beeinflussbar als konsistente Einstellungen (nach Güttler, 1996).
Je nachdem, welche der drei Komponenten stärker gewichtet ist, kann man affektive, intellektuelle und handlungsorientierte
Einstellungen unterscheiden (Güttler, 1996).
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3. FUNKTIONEN VON EINSTELLUNGEN
Den Einstellungen können verschiedene Funktionen zugrunde liegen, die sowohl interindividuell als auch intraindividuell
variieren; in Abhängigkeit von der Person, den Einstellungsthematiken und von situativen Kontexten sind Einstellungsfunktionen von unterschiedlicher
Bedeutung (Stahlberg & Frey, 1996).
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3.1 Wissensfunktion
Wahrnehmung und Informationssuche werden selektiv von Einstellungssystemen beeinflusst, wobei man dazu neigt,
einstellungsdiskrepante Informationen zu vermeiden. Durch Vereinfachung der komplexen Umwelt geben Einstellungen Orientierung und Interpretationshilfen.
Aus Einstellungen lassen sich Handlungsanweisungen gegenüber sozialen Objekten ableiten (nach Güttler, 1996).
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3.2 Expressive Funktion
Bei dieser Einstellungsfunktion geht es u.a. um die Selbstverwirklichung und Selbstbestätigung durch relevante Einstellungen
sowie um die Motivation, sich gemäß den eigenen Überzeugungen und Werten zu verhalten, diese mitzuteilen und wenn nötig zu
verteidigen. "Grundlegende Einstellungen tragen zum Gefühl der eigenen Identität sowie zur Verbundenheit mit einer Gruppe bei, die
ähnliche Einstellungen vertritt" (Hartung, 2000, S. 60). Mittels Einstellungen ist es möglich, die eigene Individualität im sozialen Kontext
zu bewahren und durch persönliche Ansichten öffentlich zum Ausdruck zu bringen (nach Güttler, 1996).
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3.3 Nützlichkeits- oder Anpassungsfunktion
Durch Einstellungen kann man persönlichen Nutzen erreichen, Belohnungen erhalten bzw. Nachteile vermeiden. Mit Hilfe von
Einstellungen ist es möglich, sich mittels Strategien der Selbstdarstellung sozial erwünscht zu präsentieren. Auch soziale Ängste
können mehr oder weniger gut kontrolliert werden, indem man seine Einstellungen an den sozialen Kontext anpasst und mit der Bezugsgruppe konformes
Verhalten zeigt (nach Güttler, 1996).
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3.4 Ichverteidigungsfunktion (defensive Funktion)
Diese Einstellungsfunktion orientiert sich an der Tiefenpsychologie: Mit Einstellungen sind Abwehrmechanismen verbunden, die
Ängste abwehren, vor dem Verlust des Selbstwertgefühls schützen, innerpsychische Konflikte vermeiden, Minderwertigkeitsgefühle
kompensieren, Ängste vor sozialem Abstieg verhindern und die Schuld an Problemen auf andere Menschen projizieren können. So
ermöglichen Einstellungen die Kontrolle, Abweisung und Rechtfertigung von unerwünschten, als bedrohlich erlebten Gefühlen, Motiven,
Bedürfnissen und Erfahrungen. Die defensive Einstellungsfunktion kommt v.a. gegenüber sozialen Randgruppen und Minoritäten zum Tragen;
gegenüber fremden Personengruppen werden Vorurteile gebildet (nach Güttler, 1996).
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4. ENTSTEHUNG UND VERÄNDERUNG VON EINSTELLUNGEN
Bei der Entstehung einer Einstellung werden Beziehungen zwischen dem Einstellungsobjekt und einem oder mehreren anderen
Einstellungsobjekten hergestellt; dies kann auf verschiedene Arten erfolgen (nach Herkner, 1991):
- klassisches Konditionieren
- operantes Konditionieren
- Modelllernen
- Kommunikation
- Denkprozesse etc.
Soziale Einstellungen werden in der Interaktion, über Gruppenzugehörigkeiten und den damit verbundenen
Identifikationsprozessen im Laufe des Lebens erworben und gelernt (Güttler, 1996).
Es gibt zwei Arten der Einstellungsänderung: Einerseits können neue Meinungen aufgenommen werden; (der Begriff
Meinung umfasst hier auch Beziehungen zwischen Einstellungsobjekt und Gefühlen, Reflexen und Operanten). Andererseits ist es möglich,
bereits vorhandene Meinungen zu ändern; dabei wird entweder die Relation zwischen dem Einstellungsobjekt und einem bzw. mehreren anderen
Einstellungsobjekten oder die Bewertung der mit dem Einstellungsobjekt assoziierten Einstellungsobjekten geändert (nach Herkner, 1991).
Entstehung und Änderung von Einstellungen sind weitgehend ähnliche Prozesse, an denen in beiden Fällen die
Entstehung von Meinungen beteiligt ist; die Einstellungsänderung kann auch mit der Änderung von Meinungen verbunden sein. Entstehung und
Änderung von Meinungen werden durch dieselben Prozesse wie etwa durch Konditionieren oder Kommunikation bedingt (nach Herkner,
1991).
Die Veränderbarkeit einer Einstellung kann durch das "Ankerkettenmodell" von McGuire (1969, zitiert nach Thomas, 1991)
veranschaulicht werden. Die spezielle Einstellung ist ein Boot; dieses ist über eine Kette mit dem Anker verbunden. Der Anker stellt die Grundhaltung
eines Menschen dar. Die Kette kann lang und locker oder kurz und straff gespannt sein. Wenn die Kette locker ist, kann sich das "Einstellungsboot"
in einem großen Spielraum bewegen; ist die Kette hingegen straff gespannt, kann das Boot nur schlecht seine Position ändern. Das bedeutet, dass
die Einstellung relativ leicht änderbar ist, solange es sich um Einstellungen innerhalb des von der Grundhaltung gesetzten Spielraums handelt. Die
Grundhaltung selbst, also der Anker, ist nur schwer zu ändern (nach Thomas, 1991).
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4.1 Die wichtigsten Aspekte bei einer Einstellungsänderung
Die wichtigsten Aspekte, die man bei einer Einstellungsänderung berücksichtigen muss, sind folgende:
Umweltsituation bzw. äußere Umstände:
Bei einer Einstellungsänderung sind Zeit und Ort von Bedeutung.
Gründe der bisherigen Einstellung:
Es kann sein, dass die bestehende Einstellung auf Fehlinformationen beruht.
Art der Mitteilung:
siehe Abschnitt 4.2.2
Intelligenz des Empfängers:
Diese steht auch mit der Art der Mitteilung in Zusammenhang:
sokratische (mehrseitige, elaborierte) Mitteilung
einseitige Mitteilung
Bei "intelligenteren" Menschen ist eine sokratische Mitteilung für eine Einstellungsänderung wirksamer als eine einseitige Mitteilung.
Soziale Distanz:
Soziale Distanz ist z.B. durch folgende Aspekte bedingt:
Altersunterschied
Schulbildung
Geld (finanzielle Mittel)
Sprache (Dialekt)
Je größer die soziale Distanz (zwischen Sender und Empfänger), desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Sender beim
Empfänger eine Einstellungsänderung bewirken kann.
Umstiegshilfen:
Beim Versuch der Einstellungsänderung müssen Umstiegshilfen mitgeliefert werden, da die gedankliche Vorwegnahme möglicher
Konsequenzen (der Empfänger meint z.B., nach einer Einstellungsänderung in seinem Bekanntenkreis unglaubwürdig zu erscheinen) den
Empfänger von einer Einstellungsänderung abhalten könnte.
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4.2 Einstellungsänderung durch Kommunikation
Nach dem Schema der sprachlichen Kommunikation von Bühler (1934, zitiert nach Herkner, 1991) sind an jeder Kommunikation
ein Sender, ein Empfänger und sich auf bestimmte Objekte beziehende Zeichen beteiligt.
Bei der Einstellungsänderung durch Kommunikation spielen ebenfalls ein Sender und ein Empfänger sowie eine Mitteilung
über ein bestimmtes Einstellungsobjekt eine Rolle.
Die Einstellung des Empfängers soll geändert werden. Die Wirksamkeit der beabsichtigten Einstellungsänderung ist von
den oben angeführten Elementen der Kommunikation und deren wechselseitigen Beziehungen abhängig. Dabei ist von Bedeutung, wie diese
Kommunikationsfaktoren vom Empfänger wahrgenommen werden. Die wichtigsten Situationsfaktoren sind folgende:
- Wahrnehmung und Bewertung des Senders durch den Empfänger
- Wahrnehmung und Verarbeitung der Mitteilung durch den Empfänger
- Beziehung des Empfängers zum Einstellungsobjekt
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4.2.1 Der Sender
Beim Sender sind drei Aspekte von Bedeutung:
- Glaubwürdigkeit
- Attraktivität
- Macht
Glaubwürdigkeit:
Es ist eine praktische Erfahrung, dass derjenige, der etwas sagt, genauso wichtig ist wie das, was gesagt wird. In diesem Zusammenhang ist die
Glaubwürdigkeit des Senders (z.B. relevantes Fachwissen) zu beachten (nach Herkner, 1991).
Hovland und Weiss (1951, zitiert nach Thomas, 1991) gaben einer Gruppe amerikanischer Studenten einen Artikel zu lesen, bei dem es um die Frage ging,
ob es möglich wäre, atomar betriebene U-Boote zu bauen. Die eine Hälfte der Gruppe glaubte, einen Artikel eines bekannten Wissenschafters
vor sich zu haben; die andere Hälfte glaubte, einen Artikel aus einer Illustrierten zu lesen. Tatsächlich hatten die Experimentatoren den Artikel selbst
geschrieben. Vor Beginn der Untersuchung wurden die Studenten zu ihrer Meinung über den Bau atomarer U-Boote befragt; nachdem sie das
Datenmaterial gelesen hatten, wurden sie erneut befragt. Von den Testpersonen, die vor der Untersuchung eine andere Meinung als die im Artikel beschriebene
vertraten, änderten 23% ihre Meinung, nachdem sie den "wissenschaftlichen Artikel" gelesen hatten; hingegen änderten nur 7% der
Studenten die Meinung, die den "Illustriertenartikel" gelesen hatten. Diese Untersuchung zeigt, wie wichtig die wahrgenommene
Glaubwürdigkeit des Senders ist.
Attraktivität:
Hinsichtlich der Attraktivität des Senders sind drei Aspekte von besonderer Bedeutung (nach Thomas, 1991):
Ähnlichkeit
Bekanntheit
Sympathie
Ähnlichkeit:
Einstellungsähnlichkeit liegt dann vor, wenn Sender und Empfänger ein Objekt in gleicher Weise bewerten; dies führt zu Sympathie. Je
höher die Wertschätzung für eine Person ist, desto eher übernimmt man ihre Einstellung (nach Herkner, 1991).
Bekanntheit:
Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass ein Sender mehr einstellungsändernden Einfluss ausüben kann, wenn er die Zielperson
kennt und zwischen Sender und Empfänger eine Beziehung besteht (Thomas, 1991).
Sympathie:
Sympathie steht in Wechselbeziehung zur Ähnlichkeit.
Macht des Senders:
Oft bewirkt der Versuch der Einstellungsänderung durch den Einsatz von Macht nur eine äußerliche Anpassung. "Der Empfänger
einer Kommunikation versucht abzuschätzen, inwieweit der Kommunikator ihn belohnen bzw. bestrafen kann, d.h. inwieweit er Macht ausüben
kann. Dann überlegt sich der Empfänger weiter, wie wichtig es für den Kommunikator ist, daß er der Kommunikation zustimmt, und
schlieélich versucht er abzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, daß der Kommunikator überhaupt merkt, ob man zustimmt oder nicht.
Ob also auf Macht und vielleicht sogar Gewaltanwendung ein Lippenbekenntnis erfolgt oder nicht, hängt vom Ergebnis der Analyse
ab" (Thomas, 1991, S. 151 f).
Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass derartige Einstellungsänderungen sehr dauerhaft sind; sie halten nur so lange an, wie man einen Nutzen daraus
zieht. Allerdings können auch erzwungene Einstellungen verinnerlicht werden und so zu dauerhaften Einstellungsänderungen führen. Hier
gilt aber, dass die Einstellungsänderung nur dann verinnerlicht wird, wenn das erwünschte Verhalten durch leichten Druck, nicht aber durch aversive
Reize herbeigeführt wird (nach Thomas, 1991).
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4.2.2 Die Mitteilung
Folgende Elemente sind bei der Mitteilung von Information von Bedeutung:
- einseitige vs. zweiseitige Mitteilung
- Ausmaß der Einwirkung auf die Einstellung
- angstauslösende Mitteilungen
Einseitige vs. zweiseitige Mitteilung:
Einseitige Mitteilungen enthalten nur Argumente für einen Standpunkt, zweiseitige Mitteilungen hingegen auch Argumente für andere Standpunkte.
Da man nicht sagen kann, welche Art der Mitteilung generell wirksamer ist, muss man dabei auch die Empfängervariablen berücksichtigen.
Bei der Wirksamkeit von Mitteilungen gibt es einen Unterschied in Zusammenhang mit dem Bildungsgrad des Empfängers. Zweiseitige Mitteilungen sind
im allgemeinen bei höher gebildeten Personen wirksamer als einseitige Mitteilungen und umgekehrt. Einseitige Mitteilungen sind aber auch dann
wirksamer, wenn der Empfänger von vornherein eher den Standpunkt der Mitteilung akzeptiert als ablehnt.
Lumsdaine und Janis (1953, zitiert nach Herkner, 1991) "... zeigten, daß Einstellungsänderungen durch zweiseitige Mitteilungen
widerstandsfähiger gegenüber späterer 'Gegenpropaganda' sind als Einstellungsänderungen durch einseitige Mitteilungen"
(Herkner, 1991, S. 234).
Ausmaß der Einwirkung auf die Einstellung:
Die Frage, ob es zielführender ist, eine Einstellungsänderung durch intensive Einwirkung zu versuchen oder lieber in kleinen Schritten
durchzuführen, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Experimentelle Befunde zeigen, dass keine der beiden Methoden generell überlegen ist. In
diesem Zusammenhang ist die Bewertung des Senders durch den Empfänger zu berücksichtigen. Untersuchungen haben ergeben, dass es eine
positive Korrelation zwischen positiver Bewertung des Senders und dem Ausmaß der Einstellungsänderung gibt. Je größer die
anfängliche Diskrepanz zwischen Mitteilung und Standpunkt des Empfängers ist, desto mehr ändert der Empfänger seine Einstellung,
wenn der Sender von ihm sehr positiv bewertet wird. Bei einem negativ bewerteten Sender kommt es zum Bumerangeffekt: Je intensiver der negativ bewertete
Sender beim Empfänger eine Einstellungsänderung anstrebt, desto weniger wird er erreichen. In diesem Fall sind höchstens kleinere
Einstellungsänderungen möglich (nach Herkner, 1991).
Angstauslösende Mitteilungen:
Janis und Feshbach (1953, 1954, zitiert nach Herkner, 1991) untersuchten, ob ein gewisses Maß an Angst des Empfängers eine
Einstellungsänderung erleichtert. Sie zeigten den Vpn die Gefahren von unzureichender Zahnpflege auf. "In drei Versuchsbedingungen wurden
drei Grade von Angst erzeugt (schwache, mittlere und starke Angst). Die größte Einstellungs- und Verhaltensänderung trat in der schwachen
Angstbedingung auf" (Herkner, 1991, S. 238). Zu starke Angst kann hingegen das Verstehen und Lernen der Information beeinträchtigen (Herkner,
1991).
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4.2.3 Der Empfänger
Beim Empfänger sind folgende Variablen von Bedeutung:
- gründliche vs. oberflächliche Informationsverarbeitung
- Beeinflussbarkeit des Empfängers
Gründliche vs. oberflächliche Informationsverarbeitung:
Nach dem elaboration-likelihood model (ELM) von Petty und Cacioppo (1981, 1986, zitiert nach Herkner, 1991) kann Einstellungsänderung auf zwei Arten
erfolgen:
1. Einstellungsänderung aufgrund Informationsaufnahme auf zentralem Weg
2. Einstellungsänderung aufgrund Informationsaufnahme auf peripherem Weg
Beim zentralen Weg vollzieht sich eine Einstellungsänderung durch sorgfältige Informationsverarbeitung. Der periphere Weg ist eher gedankenlos;
er beinhaltet klassisches und operantes Konditionieren sowie einfache Urteilsheuristiken, die sich auf oberflächliche Hinweisreize beziehen.
Welcher Weg der Informationsverarbeitung gewählt wird, hängt von der Motivation und der Fähigkeit des Empfängers ab. Der zentrale
Weg ist mit Anstrengung verbunden und wird nur dann gewählt, wenn sowohl die Motivation als auch die Fähigkeit zur genauen
Informationsverarbeitung groß sind. Einstellungen, die auf zentralem Weg entstanden sind, weisen längere Dauer, höhere
Änderungsresistenz und auch engere Beziehung zum Verhalten auf (nach Herkner, 1991).
Beeinflussbarkeit des Empfängers:
Es könnte sein, dass es von der Persönlichkeit des Empfängers abhängt, ob Argumente akzeptiert werden und daraus dann wirklich
Einstellungsänderungen resultieren. Die Lerntheorie spricht gegen die Annahme eines allgemeinen Beeinflussbarkeitsmerkmals. Die meisten
Menschen haben gelernt, zwischen Sender, Inhalten und Argumenten zu diskriminieren. Wenn sich z.B. Mitteilungen des Sender X als nützlich und
Mitteilungen des Senders Y als verwirrend erwiesen haben, wird man in Zukunft eher Argumente des Senders X akzeptieren. Die Stärke der
Beeinflussbarkeit ist von der Situation abhängig. Untersuchungen zur Einstellungsänderung durch Beeinflussung brachten bis jetzt keine
einheitlichen Ergebnisse hervor. Es ließen sich auch bisher keine klaren Zusammenhänge zwischen Geschlecht des Empfängers und seiner
Beeinflussbarkeit aufzeigen, jedoch weist die Mehrheit der Daten auf eine größere Beeinflussbarkeit der weiblichen Empfänger hin (nach
Herkner, 1991).
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4.3 Einstellungsänderung aufgrund kognitiver Dissonanz
Einstellungen können voneinander unabhängig sein oder in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen. Diese
Beziehung kann konsonant (zusammenpassend) oder dissonant (nicht zusammenpassend, einander widersprechend) sein. Wenn die Relationen dissonant
sind, entsteht ein unangenehmer Spannungszustand, der beseitigt oder zumindest verringert werden muss. Dies geschieht dadurch, dass entweder
Einstellungen derart geändert werden, dass sie konsonant sind, oder neue kognitive Elemente (Meinungen) aufgenommen werden (nach Herkner,
1991).
Eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung kognitiver Dissonanz ist, dass die beiden gegenläufigen Einstellungen in etwa
gleich stark sind. Um kognitive Dissonanz zu verringern, muss eine der im Widerspruch stehenden Einstellungen abgeschwächt bzw. verstärkt
werden.
Beispiel:
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Element A: "Ich rauche viel." |
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Element B: "Rauchen ist gesundheitsgefährdend." |
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kognitive Dissonanz tritt auf |
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Element B wird verändert, um Dissonanz zu verringern: "Rauchen kann nicht so schädlich sein; ich kenne viele Leute,
die auch Rauchen und trotzdem sehr alt geworden sind." |
Welches der Einstellungselemente geändert wird, hängt stark von der Bindung ab. Unter Bindung versteht man den Grad der
Unveränderbarkeit von Handlungen, Einstellungen etc. Öffentliche Einstellungen sind schwerer zu ändern als private Meinungen (nach
Herkner, 1991).
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4.4 Einstellungsänderung aufgrund Reaktanz
Nach der Reaktanztheorie von Brehm ist der Mensch bestrebt, seine Freiheiten zu erhalten. Wenn die bisher verfügbare Freiheit
bedroht oder blockiert wird, entsteht ein Erregungs- und Motivationszustand, der darauf abzielt, die Freiheit wieder herzustellen. Diesen Erregungs- und
Motivationszustand nennt man Reaktanz. Reaktanz fŸhrt dazu, dass das nicht verfügbare Objekt an Wert gewinnt.
Der Begriff der Freiheit inkludiert auch die Entscheidungsfreiheit im Einstellungsbereich. Entscheidungsfreiheit ist gegeben, wenn man im Hinblick auf ein
bestimmtes Objekt die Möglichkeit hat, verschiedene Einstellungen zu vertreten. Wenn der Empfänger eine Mitteilung erhält, die ihn in eine
ganz bestimmte Richtung drängt, wird er dieser Einstellungsfreiheit beraubt und entwickelt Reaktanz. Beim Empfänger tritt ein Bumerangeffekt auf:
Er ändert seine Einstellung nicht aufgrund der Information des Senders, sondern verschiebt sie in die Gegenrichtung (nach Herkner, 1991).
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5. VORURTEILE
Vorurteile werden meist als eine Teilklasse sozialer Einstellungen angesehen. Sie sind falsche, voreilige, verallgemeinernde, klischeehafte
und nicht an der Realität überprüfte Urteile über verschiedene Einstellungsobjekte. Sie weisen starke Änderungsresistenz und
somit hohe Stabilität auf. Vorurteile sind also nur Pseudo-Urteile, weil sie die kennzeichnenden Kriterien eines Urteils (wie etwa Beweisbarkeit) nicht
erfüllen (nach Güttler, 1996).
Der Begriff des Vorurteils wird in der Regel mit negativen, extremen Einstellungen in Verbindung gebracht und bezieht sich auf soziale Objekte
wie Personen, Personengruppen und ethnische Minderheiten (Ausländer, Behinderte, Kriminelle etc.), aber auch auf andere soziale Sachverhalte wie
z.B. Politik und Religion. Extrem positive Einstellungen, die ebenfalls typische Kennzeichen eines Vorurteils erkennen lassen, werden nur selten der Kategorie
"Vorurteil" zugeschrieben (nach Güttler, 1996).
- Nach Krech, Crutchfield und Ballachey (1962, zitiert nach Güttler, 1996) ist ein Vorurteil eine negative Einstellung zu einem Objekt, die zu
Stereotypisierungen führt, emotional geladen ist und sich auch durch entgegengesetzte Informationen nur schwer ändern lässt.
- Für Newcomb (1959, zitiert nach Güttler, 1996) sind Vorurteile die negative Seite der Einstellungsdimension.
Vorurteile beziehen sich auf emotionale Abwertungsprozesse und stellen eine gefühlsmäßige Tönung stereotyper
Urteile dar. In Ahnlehnung an das Strukturmodell der Einstellung kommt im Vorurteil v.a. die affektive Komponente zum Ausdruck (nach Güttler,
1996).
Die kognitive Komponente eines Vorurteils kann als Stereotyp bezeichnet werden. "Stereotype sind eine vereinfachte
Repräsentation der sozialen Umwelt, ein kognitives Schema zur effektiven Informationsverarbeitung und schnellen Orientierung in der Umwelt, das
allerdings auf fehlerhaften und formelhaften Denkprozessen beruhtÒ (Güttler, 1996, S. 82).
- Ein kulturelles Stereotyp ist ein homogenes Meinungsbild über soziale Gruppen, Nationen oder fremde Völker, welches von vielen
Menschen geteilt wird.
- Ein Autostereotyp stellt die Vorstellung oder das Bild dar, das eine Gruppe von sich selbst hat.
- Das Fremdbild, welches Vorstellungen über die Eigenart einer anderen Gruppe beinhaltet, kann als Heterostereotyp umschrieben werden
(nach Güttler, 1996).
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5.1 Gemeinsamkeiten von Vorurteilen und Stereotypen
Vorurteile und Stereotype sind sozial geteilte, konsistente, änderungsresistente, stabile, starre, rigide und unflexible Urteile
über andere Personen, soziale Gruppen oder Sachverhalte (Güttler, 1996).
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5.2 Funktionen von Vorurteilen bzw. Stereotypen
Vorurteile bzw. Stereotype bieten Schutz vor Angst oder Selbstkritik; sie dienen der Stabilisierung des Selbstwertgefühls und der
Aggressionsabfuhr; sie ermöglichen eine Abgrenzung und Aufwertung der Eigengruppe gegenüber einer Fremdgruppe; durch Vorurteile bzw.
Stereotype können Informationsaufnahme und -verarbeitung erleichtert werden (Güttler, 1996).
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5.3 Typische Urteilsfehler bei Vorurteilen bzw. Stereotypen
Folgende fehlerhafte Urteilsprozesse führen u.a. zu einer subjektiven Bestätigung der Vorurteile (nach Güttler, 1996):
- Kategorisierungsprozesse: Die soziale Kategorisierung eines Individuums nach ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe oder
klinischen Kriterien führt zu dessen Typisierung statt Charakterisierung; so wird der Einzelne als Mitglied einer Gruppe betrachtet und behandelt, die
über bestimmte negative Merkmale zu verfügen scheint.
- Übergeneralisierungsprozesse: Urteilsverzerrungen können auch aus der vorschnellen und fehlerhaften Verallgemeinerung einzelner
Erfahrungen resultieren.
- Akzentuierungsprozesse: Diese beinhalten Extremisierungen und Polarisierungen sowie die Annahme, dass innerhalb einer sozialen Kategorie
Homogenität und zwischen verschiedenen sozialen Kategorien Heterogenität besteht.
- Evaluationsprozesse: Einstellungsobjekte einer Kategorie werden nach Sympathie oder Antipathie bewertet; so werden wahrgenommene Kontraste
zu einer anderen Gruppe etwa durch negative Evaluation derselben verstärkt.
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6. BEZIEHUNG ZWISCHEN EINSTELLUNGEN UND VERHALTEN
Untersuchungsergebnisse zur Konsistenz zwischen Einstellungen und Verhalten zeigen häufig nur mäßige
Zusammenhänge (Hartung, 2000). Einstellungen und Verhalten stimmen also oft nicht überein. So tut man etwas, das der zugrundeliegenden
Einstellung nicht entspricht oder mit ihr im Widerspruch steht (nach Güttler, 1996).
Für die Inkonsistenz zwischen Einstellungen und Verhalten gibt es zahlreiche Gründe, die z.B. in Persönlichkeits- oder in
Situationsfaktoren liegen (nach Güttler, 1996; Herkner, 1991):
- Persönlichkeitsfaktoren:
konkurrierende Einstellungen
geringe Selbstaufmerksamkeit
erhöhte Selbstüberwachung
- Situationsfaktoren:
Erwartung von Konsequenzen
private und soziale Normen
soziale Erwünschtheit
Anwesenheit einflussreicher Personen
"Sozialpsychologische Forschung hat sich damit beschäftigt, unter welchen Bedingungen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass
sich eine Person entsprechend ihrer Einstellungen verhält, bzw. dass man das Verhalten einer Person auf der Grundlage der Kenntnis ihrer Einstellung
zu einem bestimmten Einstellungsobjekt ... voraussagen kann" (Hartung, 2000, S. 61). Einstellungen erweisen sich unter folgenden Bedingungen als
verhaltenswirksamer (nach Hartung, 2000):
- Wenn Einstellungen mit dem bisherigen Verhalten einer Person übereinstimmen.
- Wenn Einstellungen auf eigenen Erfahrungen beruhen.
- Wenn Einstellungen mit einem Einstellungsobjekt so eng assoziativ verknüpft sind, dass sie gleichsam automatisch aktiviert werden.
- Wenn Einstellungen als subjektiv bedeutsam angesehen werden.
- Wenn man sich seinen Einstellungen moralisch verpflichtet fühlt.
- Wenn Einstellungen als mit der eigenen Identität oder der Identität der Bezugsgruppe verbunden erlebt werden.
- Wenn Einstellungen in ein Netz von Bewertungen und Überzeugungen eingebunden sind.
- Wenn Einstellungen sowohl eine starke affektive Komponente als auch eine differenzierte, argumentative Elaboriertheit aufweisen.
- Wenn sich Einstellungen spezifisch auf ein konkretes Verhalten beziehen.
In Zusammenhang mit der Relation zwischen Einstellungen und Verhalten sind die Theorie des vernünftigen Handelns
(Fishbein & Ajzen, 1975) und die Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1985), die in der Folge beschrieben werden, von besonderer
Bedeutung (siehe dazu etwa Güttler, 1996; Hartung, 2000; Herkner, 1991; Stahlberg & Frey, 1996).
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6.1 Theorie des vernünftigen Handelns
Die Theorie des vernünftigen Handelns (theory of reasoned action) von Fishbein und Ajzen (1975) dient der Vorhersage und
Erklärung von Verhalten. Diese Theorie kann Verhalten voraussagen (z.B. wieviel Zeit eine Person für das Lernen aufbringen wird), nicht aber
Ergebnisse (z.B. Zeugnisnoten).
Es wird zwischen konkreten Verhaltensweisen und Verhaltenskategorien unterschieden. Da Verhaltenskategorien (z.B. Umweltschutzverhalten) nicht direkt
beobachtbar sind, müssen sie aus der Beobachtung konkreter Verhaltensweisen (z.B. Mülltrennung) erschlossen werden.
Nach Fishbein und Ajzen (1975) stellt die Intention (Verhaltensabsicht) den besten Verhaltensprädiktor dar. "Intentionen
sind ein Spezialfall von Meinungen, nämlich Meinungen über das eigene Verhalten. Genauer: Intentionen sind subjektive Wahrscheinlichkeiten
bezüglich des Auftretens bestimmter Verhaltensweisen" (Herkner, 1991, S. 216).
Korrelationen zwischen Intentionen und Verhalten können sehr unterschiedlich sein. Die Höhe der Korrelation hängt v.a.
vom Grad der Übereinstimmung zwischen Intention und Verhalten hinsichtlich der wichtigsten Aspekte also hinsichtlich Handlung, Ziel, Kontext und
Zeit ab. Stimmen Verhaltensabsichten bezüglich dieser Aspekte mit dem Verhalten überein, das vorausgesagt werden soll, dann sind
Intentionen gute Verhaltensprädiktoren.
Intentionen werden von zwei unmittelbaren Ursachen determiniert:
von der Einstellung zum Verhalten
von der subjektiven Norm
Die Einstellung zum Verhalten hängt wiederum unmittelbar von Meinungen über das Verhalten ab; sie besteht aus zwei
Komponenten:
Erwartungen von Verhaltenskonsequenzen; Meinungsstärken; subjektive Wahrscheinlichkeit, mit der die Konsequenzen auftreten
Bewertungen der Verhaltenskonsequenzen
Die subjektive Norm stellt den wahrgenommenen sozialen Druck dar und wird unmittelbar von normativen Meinungen bestimmt; sie
setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
(vermeintliche) Verhaltensvorschriften wichtiger Personen; Annahmen bezüglich der Verhaltenserwartungen oder Verhaltenswünsche anderer
Personen
Ausmaß der Motivation, sich entsprechend der Verhaltensvorschriften, der normativen Erwartungen oder der Wünsche anderer Personen zu
verhalten; Einwilligungsmotivation
Die beiden Intentionsursachen können unterschiedliche Gewichte aufweisen und sind v.a. dann von Bedeutung, wenn Einstellung zum
Verhalten und subjektive Norm entgegengesetzt sind; ihre relativen Stärken müssen mit Hilfe von Regressionsanalysen empirisch ermittelt werden.
Wenn die Einstellung stärker ist als die Norm, werden Intention und Verhalten mehr von der Einstellung zum Verhalten beeinflusst als von der subjektiven
Norm; wenn hingegen die Norm stärker als die Einstellung ist, hängen Intention und Verhalten mehr von den Ansprüchen anderer Personen
als von der eigenen Einstellung ab.
Die Theorie des vernünftigen Handelns ist vielseitig anwendbar. So wird u.a. über Untersuchungen zur Gewichtsreduktion, zum
Wählerverhalten, zum Konsumentenverhalten, zur Familienplanung und zur Berufswahl berichtet.
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6.2 Theorie des geplanten Verhaltens
Die Theorie des geplanten Verhaltens (theory of planned behavior) von Ajzen (1985) ist die Revision der Theorie des vernünftigen
Handelns (Fishbein & Ajzen, 1975). Sie wird durch die zusätzliche Intentionsursache "wahrgenommene Kontrollierbarkeit des Verhaltens"
erweitert.
Die Intention wird somit von drei unmittelbaren Ursachen bestimmt:
von der Einstellung zum Verhalten
von der subjektiven Norm
von der subjektiven Verhaltenskontrolle
Die subjektive Verhaltenskontrolle wird von früheren Erfahrungen mit dem Verhalten und von erwarteten Behinderungen
determiniert.
Die objektive (und subjektive) Kontrollierbarkeit eines Verhaltens ist sowohl von inneren als auch von äußeren Faktoren abhängig:
innere Faktoren: verhaltensrelevante Informationen, Fähigkeiten, interne vs. externe Kontrolle, Willensstärke, Gefühle und
Zwänge
äußere Faktoren: Zeit, Gelegenheit, Mittel (z.B. Geld) und Abhängigkeit von anderen Personen
Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle beeinflusst die Verhaltensintention einer Person. Wenn die subjektive Kontrolle in bestimmtem
Ausmaßl; mit der tatsächlichen Kontrolle übereinstimmt, so kann die wahrgenommene Verhaltenskontrolle auch direkt auf das Verhalten
selbst Einfluss nehmen. Beispiel: Wenn eine Person nicht gut Tennis spielen kann, wird es ihr trotz starker Intention zum Sieg nicht möglich sein,
ein Match zu gewinnen. Die wahrgenommene Kontrollierbarkeit des Verhaltens wirkt sich darauf aus, ob eine Handlung aufrechterhalten, fortgeführt und
trotz auftretender Schwierigkeiten weiterverfolgt oder nach Misserfolgen wieder aufgegriffen wird.
Die drei Intentionsursachen werden unmittelbar von verhaltensbezogenen Meinungen, normativen Meinungen und Kontrollmeinungen
bestimmt.
"Ajzen (1975) betrachtet die (alte) Theorie des vernünftigen Handelns als Spezialfall der Theorie des geplanten Verhaltens, der
dann vorliegt, wenn subjektive und objektive Kontrollierbarkeit maximal sind" (Herkner, 1991, S. 220 f).
Durch die Einbeziehung der subjektiven Verhaltenskontrolle als weitere Intentionsursache ermöglicht die Theorie des geplanten
Verhaltens eine genauere Vorhersage des Verhaltens als die ursprüngliche Theorie des vernünftigen Handelns. Aufgrund der
Berücksichtigung der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle ist es auch weniger problematisch, die erweiterte Theorie zur Voraussage und
Erklärung von Ergebnissen im Unterschied zu Verhalten heranzuziehen.
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7.1 Die drei Einstellungskomponenten in Zusammenhang mit Käuferverhalten
Wie bereits erwähnt wirken bei Einstellungen drei Komponenten zusammen (nach Kuß & Tomczak, 2000):
- kognitive Komponente (Gegenstandsbeurteilung)
- affektive Komponente (entsprechende subjektive Bewertung)
- Verhaltenskomponente (entsprechende Verhaltenstendenz)
Kognitive Komponente:
Beim Konsumenten ist Wissen über Produkte und ihre Eigenschaften vorhanden, oder er beschafft sich entsprechende Informationen; dies führt
zu Einschätzungen des Produkts durch den Konsumenten (z.B. "Auto X ist besonders sicher").
Affektive Komponente:
Die Einschätzungen des Produkts werden mit Werten, Bedürfnissen etc. des Konsumenten in Zusammenhang gebracht (z.B. "Sicherheit ist
für mich besonders wichtig").
Einstellung:
Die Verbindung von Gegenstandsbeurteilung und Bewertung führt zur entsprechenden Einstellung (z.B. "Ich finde Auto X gut, weil es sicher ist und
weil Sicherheit für mich wichtig ist").
Verhaltenskomponente:
Aus der positiven Einstellung des Konsumenten zu einem bestimmten Produkt resultiert die Tendenz, beim Kauf dieses Produkt einem anderen vorzuziehen
(Bevorzugung der Marke X beim Autokauf) (nach Kuß & Tomczak, 2000).
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7.2 Relevanz von Einstellungen für das Marketing
Betrachtet man Einstellungen als "Vorläufer" von Kaufverhalten, so kann es z.B. nützlich sein, Einstellungen in
Hinblick auf die Prognose von Kaufverhalten oder auf die Beeinflussung der Veränderung von Kaufverhalten zu untersuchen (Kuß & Tomczak,
2000).
Nach Assael (1995, zitiert nach Kuß & Tomczak, 2000) lässt sich das Einstellungskonzept v.a. in folgenden Bereichen der
Marketing-Praxis anwenden:
- Prognose von Konsumentenverhalten
- Definition von Marktsegmenten
- Überprüfung von Marketingstrategien
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7.2.1 Prognose von Konsumentenverhalten
Einstellungen können Indikatoren für Kaufverhalten sein, das evt. erst nach einiger Zeit wirksam wird. Gründe für
diese Verzögerung können z.B. sein, dass der Bedarf in der betreffenden Produktkategorie erst später auftritt oder dass die notwendigen
finanziellen Mittel noch nicht verfügbar sind.
Beispiel: Die Einstellungen zu einer Automarke veränderten sich in negativer Richtung. Diese Änderung kommt erst zum Tragen, sobald
Konsumenten ihr Auto durch ein neues ersetzen. So wird der Marktanteil dieser Automarke sinken.
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7.2.2 Definition von Marktsegmenten
Es kann Konsumenten geben, die zu bestimmten Produkten bzw. Produktgruppen positiv eingestellt sind, aber keine entsprechenden
Angebote vorfinden oder vorhandene Angebote z.B. aufgrund zu hoher Preise nicht nutzen können.
Beispiele: Unterversorgung einzelner Regionen mit bestimmten Produkten; bei Autoliebhabern können positive Einstellungen zu Sportwagen aus
finanziellen Gründen nicht verhaltenswirksam werden.
Ansatzpunkte für Segmentierungsstrategien bietet v.a. die affektive Einstellungskomponente. "Wenn man feststellt, dass es hinreichend große
und kaufkräftige Gruppen von Konsumenten gibt, die erheblichen Wert auf gutes Design von Fernsehgeräten ... oder Umweltfreundlichkeit von
Waschmitteln usw. legen, so können für diese Segmente entsprechende Produkte entwickelt und eingeführt werden" (Kuß &
Tomczak, 2000, S. 49).
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7.2.3 Überprüfung von Marketingstrategien
Beispielsweise wird ein neues Produkt hinsichtlich der Merkmale beschrieben, die für die angestrebte Zielgruppe wichtig sind (affektive
Komponente). Die Beschreibung oder der Prototyp dieses Produkts wird von der Zielgruppe besonders positiv wahrgenommen (kognitive Komponente). So
erwartet bzw. erhofft man, dass die Zielgruppe nach der Markteinführung des Produkts auch entsprechendes Kaufverhalten zeigt (Verhaltenskomponente).
Im Bereich der Werbung werden Einstellungsmessungen häufig genutzt, um die Werbewirkung nachtr&auuml;glich zu untersuchen. Man kann an
der Wirksamkeit einer angewandten Werbestrategie zweifeln, wenn sich nach intensiver Werbung im Vergleich zu einer Vormessung keine signifikant positive
Einstellungsänderung der Konsumenten zum beworbenen Produkt feststellen lässt.
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7.3 Zusammenhang zwischen Einstellungen und Kaufverhalten
Bei vielfältigen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten zeigte sich oftmals, dass dieser
nicht immer so eng ist wie theoretisch vermutet (Kuß & Tomczak, 2000).
Tabelle 1. Zusammenhang zwischen Einstellungen zu einem Produkt (Zahnpflegemittel) und Kaufverhalten (nach Kuß
& Tomczak, 2000, S. 50).
Einschätzung eines bestimmten Produkts |
Nutzer des Produkts |
exzellent |
78% |
sehr gut |
56% |
gut |
29% |
recht gut |
14% |
nicht so gut |
8% |
schlecht |
8% |
Aus den in Tabelle 1 dargestellten Ergebnissen lassen sich zwei wesentliche Aspekte ableiten:
- Der theoretisch angenommene Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten kann hier bestätigt werden.
- Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse fällt jedoch auf, dass 22% der Konsumenten, die das Produkt für exzellent halten, das Produkt
trotzdem nicht kaufen; 8% der Konsumenten halten das Produkt für schlecht und kaufen es trotzdem.
Zwischen Einstellungen und tatsächlichem Verhalten stehen scheinbar bestimmte "Störfaktoren".
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7.3.1 Beispiele für mögliche Störfaktoren
Positive Einstellungen zu mehreren Produkten:
Bei vielen Produktgruppen haben Konsumenten positive Einstellungen zu mehreren Alternativen, die zur Auswahl stehen. Die positiven Einstellungen
können sich aber nicht vollständig im entsprechenden Kaufverhalten niederschlagen, weil meistens nur eine der Alternativen gekauft wird.
Situative Faktoren:
Vorher gebildete Präferenzen können von Einflüssen in der Kaufsituation überlagert werden. Beispiele: Die ungeplante
Wahrnehmung von Sonderangeboten; das Ausweichen auf eine weniger bevorzugte Marke, wenn es die erste Präferenz im Geschäft nicht gibt.
Ökonomische Beschränkungen:
Wenn dem Konsumenten die finanziellen Voraussetzungen für einen Kauf fehlen, können positive Einstellungen zu bestimmten Produkten nicht
verhaltenswirksam werden. Beispiel: Es gibt wesentlich mehr Menschen mit äußerst positiven Einstellungen gegenüber bestimmten
Luxus-Autos, hochwertigem Schmuck etc. als Käufer dieser Produkte.
Soziale Einflüsse:
Die Rücksichtnahme auf gesellschaftliche Wertvorstellungen oder Erwartungen von Bezugsgruppen (Familie, Kollegen etc.) hindern Konsumenten oft
daran, ihre Wünsche zu verwirklichen. Beispiel: Ein Bankangestellter wird seiner Vorliebe für Anzüge in schrillen Farben aus
Rücksicht auf seinen Arbeitgeber nicht gerecht.
Zeitablauf zwischen Einstellungsmessung und Kaufverhalten:
Da Einstellungen als "relativ dauerhaft" beschrieben werden, können im Zeitverlauf bestimmte Veränderungen auftreten, die
sich meist nur langsam vollziehen. Erfahrungen mit Produkten und Kontakt mit Werbung sind typische Faktoren, die zur Einstellungsänderung hinsichtlich
bestimmter Produkte führen. Starke Einstellungsänderungen können auch kurzfristig erfolgen. Wenn z.B. bekannt wird, dass ein Unternehmen
in Umweltskandale verwickelt ist, reagieren Konsumenten schnell und stark. Kroeber-Riel und Weinberg (1999, zitiert nach Kuß & Tomczak, 2000)
betonen, dass von den zu einem Zeitpunkt gemessenen Einstellungen nur bedingt auf Einstellungen zu einem späteren Zeitpunkt und dem daraus
resultierenden Verhalten geschlossen werden kann. So ist es sinnvoll, die Einstellung zu einem Produkt an zwei Zeitpunkten zu messen: Bei Zeitpunkt 1 sollte
eine eventuelle Einstellungsänderung zu einem Produkt im Zeitverlauf erfasst werden; die zweite Einstellungsmessung sollte kurz vor dem Kaufverhalten
erfolgen.
Messprobleme:
Wie bei allen Messungen treten auch bei Messungen von Einstellungen und Verhalten Fehler bzw. Probleme auf so z.B. Stichprobenfehler, mangelnde
Reliabilität und Validität von Skalen, Interviewer-Einfluss (nach Kuß & Tomczak, 2000).
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7.3.2 Ausprägungsstärke von Einstellungen
Bei der Erklärung des nur begrenzten Zusammenhangs zwischen Einstellungen und Verhalten kann auch die
Ausprägungsstärke von Einstellungen berücksichtigt werden (nach Kuß & Tomczak, 2000):
Es stellt sich die Frage, ob zu einem Produkt überhaupt Einstellungen gebildet werden. Für Konsumenten sind viele Produkte so
unwichtig, dass keine kognitiven Anstrengungen einer entsprechenden Einstellungsbildung und -speicherung unternommen werden. Dies hängt mit
dem "Involvement" einer Person bezüglich eines Produkts zusammen. Das Produkt-Involvement ist die wahrgenommene persönliche
Relevanz eines Produkts, die durch Bedürfnisse und Werte einer Person bestimmt wird.
Weiters ist es von Bedeutung, wie fundiert Einstellungen sind. Beruhen Einstellungen auf umfassenden Erfahrungen, so haben sie
für das folgende Verhalten mehr Aussagekraft.
Auch die Spezifität von Einstellungen spielt eine Rolle. "Je konkreter eine Einstellungsmessung auf ein spezifisches Verhalten
bezogen ist, desto größer ist ihre diesbezügliche Aussagekraft" (Kuß & Tomczak, 2000, S. 53). Beispiel: Für die
Prognose von Buchungen für Reisen nach Kreta ist die Messung von Einstellungen zu "Urlaub im Süden" weniger geeignet als die
Frage nach Einstellungen zu "Urlaub auf Kreta".
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8. EINSTELLUNGSMESSUNG
Da Einstellungen nicht direkt beobachtbar sind, müssen zu ihrer Messung Indikatoren bestimmt werden, von denen man annimmt,
dass sie die Einstellung einer Person repräsentieren.
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8.1 Messung von Ist-Einstellungen
Einstellungsmessungen auf psychobiologischer Ebene werden vor allem in Untersuchungen zur Intensität und Wichtigkeit von
Einstellung genutzt. Zu diesem Zweck wird der Vp ein Reizmaterial vorgeführt; anschließend werden Pulsfrequenz, EKG, EEG udgl. gemessen.
Die gemessenen Veränderungen der physiologischen Reaktionen werden als Auswirkungen der Aktivierung durch die Stimuli gewertet (nach Kirchler, 1999).
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8.1.2 Verhaltensbeobachtung
Bei diesen Untersuchungen weiß die Vp im allgemeinen nicht, dass ihr Verhalten beobachtet wird. Das Problem hierbei ist, die
Einstellung der Person zu erahnen, die ihrem Verhalten zugrundeliegt (nach Kirchler, 1999).
"Ein Beispiel für Verhaltensbeobachtung ist das Verfahren der 'verlorenen Briefe': Sollen Einstellungen zu politischen Ideologien erhoben werden,
könnten an spezifische Adressen gerichtete (z.B. die Informationsstelle der Europäischen Union, das Sekretariat für
Gleichberechtigungsangelegenheiten etc.) und frankierte Briefe in einer bestimmten Region 'verloren' werden. Die Anzahl der beispielsweise in
öffentlichen Telefonzellen verlorenen Briefe, die zur Post gegeben werden und ihre Adresse erreichen, kann als Indiz für die Sympathie für
eine politische, religiöse oder ideologische Richtung, die aus der Anschrift ableitbar ist, gedeutet werden" (Kirchler, 1999, S. 177).
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8.1.3 Messung durch Befragung und Interviews
a) Rating-Skalen
Bei Rating-Skalen fragt man offen und direkt, wie ein Produkt eingeschätzt wird z.B. "Wie schätzen sie die Automarke X ein?".
Anschließend kann die befragte Person ihr Urteil abgeben, wobei jeder möglichen Antwort ein bestimmter Wert zugeordnet wird (nach Kirchler,
1999).
b) Skalierungstechniken
Bei den Skalierungstechniken werden mit Hilfe mehrerer empirischer Messgrößen Skalen konstruiert. Eine Einstellungsskala wird aufgrund
verschiedener Aussagen über ein Einstellungsobjekt gebildet (Kirchler, 1999).
Man unterscheidet folgende Skalierungstechniken (nach Kirchler, 1999; Thomas, 1991):
- eindimensionale Skalierungstechniken:
Methode der gleicherscheinenden Intervalle (Thurstone)
Methode der summierten Ratings (Likert)
Methode der kumulativen Bewertung (Guttman)
- mehrdimensionale Skalierungstechniken:
Semantisches Differential (Polaritätsprofil von Osgood)
Einstellungsmodell von Fishbein
- Methode der getarnten Technik:
Freie Assoziationen
Assoziationsgeflecht (De Rosa)
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8.1.3.1 Eindimensionale Skalierungstechniken
Methode der gleicherscheinenden Intervalle:
Die Methode der gleicherscheinenden Intervalle zur Einstellungsmessung ist von Thurstone in der 20er und 30er Jahren des 20.
Jahrhunderts entwickelt worden. Thurstone beabsichtigte die Einstellung zur Kirche, zur Geburtenkontrolle etc. zu erfassen. Dabei wärhlte er folgende
Vorgehensweise.
Vorgehensweise:
Als erstes wurden 130 kirchenfreundliche und kirchenfeindliche Aussagen gesammelt. Anschließend wurden diese einer Jury von Experten vorgelegt,
die die Skalenwerte der einzelnen Items bestimmen sollten. Diese Items wurden dann zusammen mit 11 alphabetisch von A bis K geordneten Zetteln den Vpn
übergeben. Den Zettel mit dem Buchstaben A sollten die Beurteiler, also die Vpn, zu demjenigen Item legen, der ihrer Meinung nach die
größte Wertschärtzung für die Kirche ausdrückte. Den Zettel mit dem Buchstaben K sollten sie der Aussage zuordnen, die den
höchsten Grad an Ablehnung ausdrückte, und der Buchstabe F war für eine neutrale Aussage reserviert. Die übrigen Zettel sollten sie
nach Grad der Ablehnung oder Wertschätzung den restlichen Aussagen zuordnen (nach Thomas, 1991).
Um jedem Item seine Position auf der 11 Punkte Dimension zu geben, wurde der Medianwert bestimmt, den das Item aufgrund der Beurteilung durch die
Experten erhalten hat; dieser Medianwert stellt den Skalenwert der Aussage dar (Thomas, 1991).
Der Median selbst sagt nichts über die Verteilung der Beurteilung aus; es ist jedoch klar, dass man nur solche Items verwenden sollte, bei denen die
Beurteilung der Jury nicht allzu sehr streut, d.h., bei denen die Meinungen nicht allzu sehr auseinander gehen. Aus diesem Grund muss das
Interquartilmaß (Q-Wert) bestimmt werden. In diesem Interquartilmaß liegen 50% der Experten-Beurteilungen. Ein hoher Q-Wert bedeutet eine
weitgestreute Beurteilung, ein niedriger Q-Wert hingegen eine einheitliche Beurteilung (nach Thomas, 1991).
Nachdem Skalen und Q-Werte festgelegt waren, wurden die Items 300 Vpn vorgegeben, die die Aufgabe hatten, jene Aussagen auszuwählen, mit denen
sie übereinstimmten. Stimmte eine Vp solchen Aussagen zu, deren Skalenwert stark differierte, dann wurden die Items ausgesondert, die am wenigsten
in das Gesamtbild passten.
Zum Beispiel wurde das Item "Ich bin an einer Kirche interessiert, die schön ist und die ästhetischen Seiten des Lebens betont"
ausgeschieden, da sowohl Gläubige als auch nicht Gläubige mit dieser Aussage übereinstimmten.
Hingegen wurde das Item "Ich habe das Gefühl, dass die Gottesdienste mich inspirieren und mir in der folgenden Woche helfen, besser zu
leben" beibehalten (Skalenwert 1.7; Q-Wert 1.4). Kirchengeher und Atheisten haben diese Frage unterschiedlich beantwortet (nach Thomas, 1991).
Kritik:
Bei der Methode beurteilen Experten, die an der eigentlichen Untersuchung nicht beteiligt sind, den Wert einer Aussage. Außer, dass sie sich mit dem
Einstellungsobjekt auskennen müssen, brauchen sie im Prinzip keine Ähnlichkeit mit den anderen Personen zu haben, denen die Skala dann
schlussendlich vorgelegt wird.
Es ist nicht sicher, was man wirklich erfasst hat: tatsächlich die Einstellung zur Kirche, oder das, was die Jury für die Einstellung zur Kirche
hält. Auf alle Fälle beeinflusst die persönliche Einstellung der Experten das Urteil.
Nachfolgeuntersuchungen zu diesen Artefakten brachten unterschiedliche Ergebnisse. So sind z.B. nach Krech et al. (zitiert nach Thomas, 1991) solche
Verzerrungen nur bei extremen Einstellungen zu erwarten.
Absolute Vergleiche sind möglich, da die Skalierung auf zumindest quasiobjektiven Einschätzungen durch Experten beruht. Probleme gibt es bei
der Interpretation der Scores, die im mittleren Bereich liegen, da man nicht genau weiß, wie diese zustandegekommen sind (Genaueres siehe Likert)
(nach Thomas, 1991).
Methode der summierten Bewertung:
Die Methode der summierten Bewertung wurde 1932 von Likert entwickelt. Die Grundlage der Methode ist es, die Items ausfindig zu machen,
die im Sinne der Fragestellung am besten zwischen Personen mit starker Einstellung und Personen mit schwacher Einstellung trennen.
Vorgehensweise:
Als erstes sammelt man eine große Anzahl von Aussagen, die zum Objektbereich gehört, den man untersuchen möchte. Als nächstes
startet man Vorversuche mit einer Gruppe von Vpn, die jener Gruppe gleicht, die mit dieser Skala befragt werden soll. Die Vpn sollen zu jeder Aussage angeben,
ob sie das Item befürworten, ablehnen oder ihm neutral gegenüberstehen. Anschließend bestimmt man die individuellen Scores. Dazu werden
die den einzelnen Antworten zugeordneten Skalenwerte addiert. Die Skala ist meist 5-kategoriell und reicht von "stimme sehr zu" bis "lehne
sehr ab". Die Werte könnten folgendermaßen aufgeteilt sein:
stimme sehr zu = 1
stimme zu = 2
stimme weder zu, noch lehne ab = 3
lehne ab = 4
lehne stark ab = 5
Wenn z.B. die Vp bei insgesamt 10 Aussagen 5 mal "stimme zu" und 5 mal "unentschieden" angibt, dann ergibt sich ein Wert von 5x2 +
5x3 = 25.
Anschließend sucht man sich mittels Itemanalyse die trennschärfsten Items. Dazu wird der Punktewert jedes einzelnen Items mit dem
Gesamtpunktewert aller Items korreliert. Die Items mit der höchsten Korrelation werden behalten, sie bilden mit den anderen Items am deutlichsten eine
Einheit (nach Thomas, 1991).
Kritik:
Die Gruppe, an der die Items erprobt werden, muss den wesentlichen Charakteristika jener Gruppe entsprechen, der die Skala vorgegeben wird. Das hat eine
wichtige Konsequenz für den Inhalt der Items. Bei Likert ist es im Gegensatz zu der Methode von Thurstone nicht notwendig, dass die Items
unmittelbar etwas mit dem Einstellungsobjekt zu tu haben müssen, sie müssen nur hoch mit dem Gesamtscore korrelieren und somit etwas zur
Messung der interessierenden Einstellung beitragen (nach Thomas, 1991).
So gibt es z.B. den sogenannten "cooked carrot test", der nach der Likert-Skalierung konstruiert ist. Er soll mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den
College-Erfolg vorhersagen. Dieser Test enthält das trennscharfe Item: "Essen sie lieber gekochte oder rohe Möhren?". Es hat sich
gezeigt, dass sie Studenten, die rohe Möhren bevorzugen, im College Erfolg haben. Für die Methode von Thurstone wäre so ein Item nicht
möglich gewesen. Das bedeutet aber auch, dass man bei der Likert-Skalierung eher mit nicht offensichtlichen Items arbeiten und so vielleicht an
Einstellungen herankommen kann, die die Vp lieber verbergen möchte.
Weiters ist der Score der Likert-Skalierung nur relativ interpretierbar und nicht absolut. Beispiel: Max hat einen höheren Score als Moritz er ist
also ehrgeiziger, frommer und gewissenhafter als Moritz. Man kann aber nicht sagen, Max ist sehr ehrgeizig, sehr fromm und sehr gewissenhaft; es ist nur
möglich, ihn im Vergleich mit Moritz zu beurteilen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Interpretation. Vor allem Scores, die im mittleren Bereich liegen, sind schwer zu interpretieren, weil sie auf verschiedene
Weisen zustandegekommen sein könnten z.B. dadurch, dass die Vp entweder vorwiegend in der Mitte angekreuzt oder manche Antworten
extrem befürwortet hat, während sie andere extrem abgelehnt hat (nach Thomas, 1991).
Methode der kumulativen Skalierung:
Die Methode der kumulativen Skalierung wurde 1944 von Guttman entwickelt. Ein Beispiel für eine Guttman-Skala wäre:
1. Ich bin > 150 cm
2. Ich bin > 170 cm
3. Ich bin > 190 cm
In dieser Skala würde eine Person, die Aussage 3 zustimmt, logischerweise auch Aussage 2 und 1 zustimmen. Die Grundlage der Guttman-Skala ist
es, "... einen Satz von Aussagen zu finden, der so eindeutig einer Einstellungsdimension zugeordnet werden kann, daß es möglich wird, die
einzelnen Aussagen analog der Größenskala in eine logische Ordnung zu bringen" (Thomas, 1991, S. 142).
In einer Guttman-Skala ist es möglich, aufgrund des Gesamtscores einer Person auch das Antwortmuster zu reproduzieren. Man würde dann nicht
nur ihre Scores kennen, sondern auch wissen, wie sie die einzelnen Items beantwortet hat. Wenn man z.B. "stimme zu" als 1 und "stimme
nicht zu" als 0 bewertet und sich ein Gesamtscore von 2 ergibt, weiß man, dass die Vp Item 1 und Item 2 der Größenskala mit
"stimme zu", aber Item 3 mit "stimme nicht zu" beantwortet hat. Sie ist also größer als 170 cm, aber kleiner als 190 cm.
"Vollständige Reproduzierbarkeit ist fast nie zu erreichen, denn gewisse Fehler schleichen sich immer ein" (Thomas, 1991, S. 143). In vielen
Fällen ist es sehr schwer, Items zu finden, die für alle Befragten dieselbe Bedeutung wie für die Konstrukteure der Skala besitzen. Aus diesem
Grund erlaubt die Skala nach Guttman et al. auch dann sinnvolle Aussagen, wenn nur 90% aller Antworten reproduzierbar sind; aber auch das ist selten
erreichbar.
Das Distanzmaß von Bogardus (1925, zitiert nach Thomas, 1991) ist ein gutes Beispiel für die Guttman-Skala. Es wurde für
den sozialwissenschaftlichen Bereich entwickelt und erfasst den Grad, in dem ein Sozialpartner als menschlich nah oder fern erlebt wird. Der Vp wird ein
Einstellungsobjekt vorgegeben (z.B. Student, Gastarbeiter etc.), zu dem folgende Fragen gestellt werden:
1. Ich würde ihn als Freund akzeptieren.
2. Ich würde ihn als Nachbar in meiner Straße akzeptieren.
3. Ich würde zulassen, dass er den gleichen Beruf hat wie ich.
4. Er dürfte Bürger in meinem Land werden.
5. Er dürfte mein Land besuchen.
6. Ich würde ihn in meinem Land dulden.
Kritik:
Skalenkonstrukteure und Beurteiler müssen die Inhalte in der gleichen Dimension einordnen. Die &†uml;bereinstimmung ist schwer zu
gewährleisten (nach Thomas, 1991).
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8.1.3.2 Mehrdimensionale Skalierungstechniken
Semantisches Differential (Polaritätsprofil):
Das Semantische Differential (vgl. Formann & Pirkner, 1996; Kirchler, 1999; Thomas, 1991) wurde 1952 von Osgood entwickelt. Es
dient ursprünglich der Messung von Wortbedeutungen und wurde später auch im Marketing angewandt (Kirchler, 1999).
Vorgehensweise:
Anhand einer Reihe von gegensätzlichen Adjektivpaaren (=Polaritäten) soll ein Begriff eingestuft werden. Die zu jedem Begriff vorgenommen
Einstufungen lassen sich zu einem Profil verbinden. In einem Semantischen Differential sind üblicherweise nicht nur Gegensatzpaare enthalten, die
den Begriff passend beschreiben, sondern auch metaphorische Wortpaare, die im übertragenen Sinn zu verstehen sind. Da die Gegensatzpaare
unspezifisch sind, können dieselben Adjektive für verschiedene Einstellungsobjekte verwendet werden.
Des weiteren gibt es die Möglichkeit, einen semantischen Raum zu konstruieren. Zu diesem Zweck wurde eine Vielzahl von
Adjektiv-Skalen entwickelt. Die Vpn sollten eine Vielzahl von Begriffen (Vater, Mutter, Selbst, Sünde, USA etc.) mit dieser Skala beurteilen. Dabei zeigte
sich, dass viele Skalen auf ähnliche Weise benutzt werden. Werden Begriffe als gut beurteilt, dann werden sie auch für wertvoll gehalten und als
angenehm eingestuft. Werden Begriffe als stark eingestuft, werden sie auch als ausdauernd und streng beurteilt.
Für jeden Begriff wird ein Polaritätsprofil erstellt. Durch Berechnung der Korrelation über die Gegensatzpaare werden
Ähnlichkeiten der Profile festgestellt. Die durch diese Berechnung entstandene Korrelationsmatrix wird einer Faktorenanalyse unterzogen. Als Ergebnis
der Faktorenanalyse entsteht nun der semantische Raum. Die beiden wichtigsten Faktoren im semantischen Raum sind Männlichkeit und Weiblichkeit,
die aber zwei voneinander unabhängige Dimensionen darstellen.
Mit Hilfe der Faktorenanalyse (Korrelation der Urteile über die Person) konnte festgestellt werden, dass der Beurteilung eines
Begriffes drei Dimensionen zugrunde liegen:
1. Positivität bzw. Bewertung (Markervariablen: gut / schlecht, fair / unfair, süß / sauer)
2. Potenz (hohe Ladungen in stark / schwach, hart / weich, schwer / leicht)
3. Aktivität (bedeutsame Ladungen in aktiv / passiv, schnell / langsam, erregbar / ruhig, scharf / stumpf) (nach Formann & Pirkner, 1996).
"Die Polaritäten lassen sich ... im wesentlichen auf drei Faktoren reduzieren, d.h. jeder Begriff ist in einem dreidimensionalen Raum abbildbar.
Untersuchungen zeigten, daß diese drei Faktoren in verschiedenen Kultur- und Sprachkreisen gültig sind ..." (Formann & Pirkner,
1996, S. 35).
Anwendungsbereiche:
Ein Anwendungsfeld ergibt sich in der Sprachpsychologie bei dem Vergleich von Wörtern. In der Sozialpsychologie bedient man sich des Semantischen
Differentials, um Stereotype ausfindig zu machen. Die Angewandte Psychologie nützt dieses Verfahren, um Informationen über das Image von
Produkten zu erlangen (nach Formann & Pirkner, 1996).
Peabody (1985, zitiert nach Kirchler, 1999) geht davon aus, dass Urteile aus einer Beschreibungs- und einer Bewertungskomponente
bestehen. Wird z.B. die Einstellung zu einer Nation erhoben, kann diese als sparsam, leistungsorientiert und genügsam bezeichnet werden. Dies sind
alles Eigenschaften, die in unserem Kulturkreis als positiv gewertet werden, deshalb ist anzunehmen, dass die affektive Einstellungskomponente zum
beurteilten Volk positiv ist. Genauso gut kann ein sparsames Volk als geizig bezeichnet werden, wenn es die Ressourcen überlegt verwendet. Die
Bewertungsdimension hätte sich dann aber zum Negativen verändert.
Um zwischen Beschreibungs- und Bewertungsdimension unterscheiden zu können, entwickelte Peabody ein Semantisches Differential, in welchem
für jede Beschreibungsdimension zwei Eigenschaftspaare angegeben sind (z.B. geizig-verschwenderisch; freigiebig-sparsam).
Kritik:
Die Gegensatzpaare sind oft keine wirklichen Gegenpole, und die Annahme, dass die Vp die Begriffe auf einer Intervallskala einstuft, ist nicht
überprüfbar. Auch gewisse Antwortstile stellen ein Problem dar. Weiters ist zu bemerken, dass sich die drei Faktoren (Bewertung, Potenz,
Aktivität) zwar bei verschiedenen Personen, Kulturen und Sprachräumen als konstant erwiesen haben, nicht jedoch bei verschiedenen Begriffen;
ein und dieselbe Skala kann also bei verschiedenen Begriffen unterschiedliche Bedeutung haben. Es stellt sich auch die Frage, ob man unabhängig
vom Begriff ein Standardpolaritätsprofil oder spezielle "ma§geschneiderte" Profile verwenden soll.
Einstellungsmodell von Fishbein:
Bei der Einstellungsmessung nach dem Modell von Fishbein soll die Vp zunächst Eigenschaften zu einem Einstellungobjekt finden.
Anschließend soll die Vp jede angeführte Eigenschaft bewerten und zusätzlich ihre Meinungsstärke anführen, d.h. angeben,
wie sicher sie ist, dass das Einstellungsobjekt tatsächlich diese Eigenschaft aufweist (nach Herkner, 1991).
Diese Methode ist sehr ökonomisch, da sie ohne Voruntersuchung angewendet werden kann. Das Modell von Fishbein kann über
inhaltliche und formale Strukturen von Einstellung Aufschluss geben. So könnte man z.B. die Anzahl der genannten Eigenschaften als Maß
für die Komplexität der Einstellung ansehen oder die durchschnittliche Meinungssicherheit berechnen (nach Herkner, 1991).
Einstellungen sollten auch dazu dienen, das Verhalten einer Person oder einer bestimmten Gruppe zu verstehen oder zu prognostizieren.
Einstellungen und Verhalten korrelieren aber oft nicht sehr hoch. Aus diesem Grund wurde dieses Modell erweitert.
Erweitertes Modell von Fishbein und Ajzen:
"Auch wenn die Einstellungen einer Person für ein bestimmtes Verhalten sprechen, könnte diese Person eine
einstellungsdivergente Handlung setzten, dann nämlich, wenn soziale Normen gegen ihr präferiertes Verhalten sprechen" (Kirchler, 1999,
S. 183 f). Bei diesem Modell wird also zusätzlich der soziale Druck berechnet.
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8.1.3.3 Methode der getarnten Technik
Freie Assoziationen:
Wenn es um den ersten Eindruck eines Produktes, einer Werbebotschaft oder um spontanes Käuferverhalten geht, sind
Gefühle von Bedeutung, die durch dieses Reizmaterial spontan wachgerufen werden. Eine Möglichkeit, um diese spontanen Gedanken und
Gefühle zu erfassen, liegt in der freien Assoziation. So wäre es z.B. denkbar, den TAT (Thematischen Apperzeptionstest von Murray, 1938) in
abgewandelter Form mit der Aufforderung vorzugeben, Geschichten zu einem bestimmten Produkt zu erzählen. Satzergänzungstests und
Lückentests könnten ebenfalls in der Einstellungsmessung ihre Verwendung finden.
In jüngster Zeit werden freie Assoziationen immer häufiger für Produkttests und Werbeforschung verwendet; das anfallende Datenmaterial
ist jedoch meist sehr komplex und die Auswertung nicht einfach (nach Kirchler, 1999; Thomas, 1991).
Assoziationsgeflecht:
Die Methode des Assoziationsgeflechts wurde von De Rosa (1993, 1995, zitiert nach Kirchler, 1999) entwickelt. Sie dient der Erfassung
spontaner Gedanken und Gefühle, die zu einem bestimmten Sachverhalt oder Begriff auftreten. Die Vpn sollen auch Wertigkeit und Reihenfolge ihrer
Assoziationen vermerken. Anschließend können die aufgeschriebenen Assoziationen kategorisiert werden, indem zusammengehörige
Begriffe mit Linien verbunden werden.
Mit dem Assoziationsgeflecht ist es also möglich, die Einstellung zum Stimulus zu erfassen, die Qualität der Assoziationen und die subjektive
Verbindung zwischen ihnen zu analysieren sowie Sequenzen von Gedanken und Gefühlen einzuteilen (nach Kirchler, 1999).
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8.2 Messung von Soll-Einstellungen
8.2.1 Produktpositionierung
"Idealvorstellungen oder Soll-Werte der Konsumenten können ein wichtiger Maßstab der Absatzpolitik sein, weil einerseits
Produkte entsprechend den Idealvorstellungen modifiziert, und andererseits Ideal- und Wunschvorstellungen durch Kommunikationstechniken den bestehenden
Produktqualitäten angepaßt werden können. Im allgemeinen dienen Soll-Werte als Zielvorgaben für Produktveränderungen und
für Werbemaßnahmen" (Kirchler, 1999, S. 189).
Wenn nach Trommsdorff (1975, zitiert nach Kirchler, 1999) Einstellungen zu idealen und tatsächlichen Zigarettenmarken bekannt sind,
könnten durch entsprechende Werbemaßnahmen Änderungen der Einstellung erzielt werden.
Die Zigarettenmarke M wird als schwach und lang beurteilt, ideal wäre aber eine kurze und starke Zigarette. Durch Produktveränderung und
geeignete Werbemaßnahmen kann eine Veränderung des Images und des Soll-Bildes von Zigaretten erreicht werden.
"Die Kenntnis von Soll- und Istvorstellungen dient dazu, um Gestaltungs- und Werbemaßnamen so zu planen und zu realisieren, dass sich die
Distanz zwischen Real- und Wunschbild reduziert" (Kirchler, 1999, S. 190).
Bei der Produktpositionierung wird ein Produkt gemeinsam mit anderen Produkten wie etwa mit Konkurrenzprodukten oder einem
Idealprodukt in einem Eigenschaftsraum plaziert. Ähnlich wahrgenommene Produkte oder Produkte, die in unmittelbarer Nähe zueinander
positioniert sind, stehen in Wettbewerb zueinander (nach Kirchler, 1999). "Die Kaufwahrscheinlichkeit eines Produktes steigt mit zunehmender
Nähe zum Idealprodukt und gleichzeitiger Entfernung von Konkurrenzprodukten" (Kirchler, 1999, S. 190).
Die Bestimmung der Produktposition verläuft nach von Rosenstiel und Ewald (1979, zitiert nach Kirchler, 1999) in folgenden Schritten:
1. Bestimmung der wahrgenommenen Eigenschaften des Produktes
2. Bestimmung des Konkurrenzfeldes
3. Bestimmung der Positionen von Idealprodukten
4. Bestimmung der zeitlichen Verschiebungen der verschiedenen Marken- und Idealpositionen
Da die Einstellungen zu einem Produkt zwischen den verschiedenen Konsumentengruppen differieren, ist es wichtig zu untersuchen, welche
Gruppe welche Einstellung besitzt. Es ist also wichtig, die Zielgruppe abzugrenzen. Marktsegmentierung kann nach unterschiedlichen Kritierien erfolgen
wie etwa nach demographischen, geographischen, ökonomischen oder nach psychologischen Merkmalen (nach Kirchler, 1999).
Zur Änderung von Images bzw. Einstellungen können zentrale, periphere und informierende Instrumente herangezogen werden:
zentrale Instrumente: Preisgestaltung, Gestaltung der Verpackung etc.
periphere Instrumente: Absatzmethoden, Sortimentgestaltung, Garantieleistungen, Lieferbedingungen etc.
informierende Instrumente: Werbung, Verkaufsförderung, Public-Relations-Strategien etc.
Es besteht auch die Möglichkeit eines Imagetransfers, bei welchem die Einstellung von einem Produkt auf ein anderes
übertragen wird. So hat z.B. Milde Sorte unterschiedliche Produkte wie Zigaretten und Kaffee erfolgreich unter einem Namen angeboten. "Der
Vorteil eines Imagetransfers liegt darin, dass mittels einer einzigen einheitlichen Werbelinie gleichzeitig zwei oder mehrere Produkte beworben werden
können, ..." (Kirchler, 1999, S. 192).
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9. LITERATURVERZEICHNIS
Formann, A. & Pirkner, P. (1996). Skriptum zur Vorlesung Methodenlehre (3. und erweiterte Aufl.). Wien: p.A. Institut für Psychologie der
Universität Wien.
Güttler, P. O. (1996). Sozialpsychologie. Soziale Einstellungen, Vorurteile, Einstellungsänderungen (2., überarbeitete und
erweiterte Aufl.). München: Oldenbourg.
Hartung, J. (2000). Sozialpsychologie. Stuttgart: Kohlhammer.
Herkner, W. (1991). Lehrbuch Sozialpsychologie (5., korrigierte und stark erweiterte Aufl.). Bern: Huber.
Kirchler, E. M. (1999). Wirtschaftspsychologie. Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie (2., überarbeitete und
erweiterte Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
Kuß, A. & Tomczak, T. (2000). Käuferverhalten. Eine marketingorientierte Einführung (2., völlig neu bearbeitete Aufl.).
Stuttgart: Lucius und Lucius.
Stahlberg, D. & Frey, D. (1996). Einstellungen: Struktur, Messung und Funktion. In W. Stroebe, M. Hewstone & G. M. Stephenson (Hrsg.),
Sozialpsychologie. Eine Einführung (3., erweiterte und überarbeitete Aufl.) (S. 219252). Berlin: Springer.
Stroebe, W., Hewstone, M. & Stephenson, G. M. (Hrsg.). (1996). Sozialpsychologie. Eine Einführung (3., erweiterte und
überarbeitete Aufl.). Berlin: Springer.
Thomas, A. (1991). Grundriß der Sozialpsychologie. Band 1: Grundlegende Begriffe und Prozesse. Göttingen: Hogrefe.
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