Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg
Dorothea König
Seminararbeit im Rahmen des Fachliteraturseminars im Bereich der Pädagogischen Psychologie
1. EinleitungDie Frage nach der Arbeitszeit, die SchülerInnen außerhalb des regulären Unterrichts für die Schule aufwenden, verliert in der pädagogisch-psychologischen Forschung nicht an Aktualität. Die vorliegende Arbeit, deren Grundlage fünf von der Lehrveranstaltungsleitung vorgegebene Fachartikel bildet, beschäftigt sich mit dem Thema "Arbeitszeit für die Schule" mit besonderer Berücksichtigung der Erledigung von Hausaufgaben. Zudem soll die Arbeitszeit für die Schule anhand ausgewählter Forschungsergebnisse unter dem Aspekt des Schulerfolges beleuchtet werden.
2. Arbeitszeit für die Schule und HausaufgabenDie Mehrheit der empirischen Studien zu dem Themenkomplex der "Arbeitszeit für die Schule" stellt die Erledigung von Hausaufgaben in den Vordergrund (vgl. z.B. Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck, Cooper, Nye & Lindsay, 2000). Arbeitszeit für die Schule wird also meist mit dem Ausmaß an erhaltenen Hausaufgaben (Muhlenbruck et al., 2000) bzw. mit jener Zeit gleichgesetzt, die SchülerInnen für Hausaufgaben benötigen. Neben den Hausaufgaben kann sich Arbeitszeit für die Schule jedoch auch auf andere häusliche Aktivitäten beziehen, wie etwa auf das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests, das Wiederholen des aktuellen Stoffes oder auf die Vorbereitung von Referaten (Wagner & Spiel, 1999). Da in der vorliegenden Arbeit das Thema "Arbeitszeit für die Schule" vorwiegend unter dem Aspekt der Hausaufgaben beleuchtet wird, soll nun näher auf den Begriff der Hausaufgaben eingegangen werden. Im Anschluss daran werden positive und negative Effekte von Hausaufgaben sowie Einflussgrößen auf Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben aufgezeigt. 2.1 Zum Begriff HausaufgabenHausaufgaben im traditionellen Sinn beziehen sich gemäß der meist eng gewählten Definition auf explizit von LehrerInnen an SchülerInnen gestellte Aufgaben, die außerhalb des regulären Unterrichts meist zu Hause erledigt werden sollen (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Cooper & Valentine, 2001; Huber, 1965, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Keck, 1994, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Tietze, Roßbach & Mader, 1987; Wagner & Spiel, 1999). Der Begriff Hausaufgabe kann aber auch weiter gefasst werden. So beinhalten Hausaufgaben nach Pakulla (1967, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) alle aus dem Unterricht ableitbaren Aufgaben, durch welche SchülerInnen Wissen und Können aneignen, erweitern, festigen und wiederholen. Hintz, Pöppel und Rekus (1995, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000) betrachten den Begriff in differenzierter Weise, indem sie zwischen nach- und vorbereitenden Hausaufgaben unterscheiden. Während durch nachbereitende Hausaufgaben bereits Gelerntes u.a. geübt, gefestigt und wiederholt wird, müssen SchülerInnen bei vorbereitenden Hausaufgaben Verschiedenes für den künftigen Unterricht erledigen. 2.2 Positive und negative Effekte von HausaufgabenIn der pädagogischen Praxis und in der empirischen Forschung herrscht überwiegend Uneinigkeit über die Wirkungen von Hausaufgaben. So können sowohl Befürworter als auch Gegner von Hausaufgaben zahlreiche Studien finden, die ihren jeweiligen Standpunkt zu untermauern scheinen (vgl. Cooper & Valentine, 2001). Im folgenden Abschnitt werden Argumente angeführt, die für sowie gegen den Einsatz von Hausaufgaben sprechen. Die vielfältigen potentiellen Wirkungen von Hausaufgaben beschränken sich dabei nicht nur auf SchülerInnen, sondern schließen auch LehrerInnen und Eltern mit ein. Positive Effekte von Hausaufgaben Hausaufgaben können sich auch positiv auf den schulischen Unterricht auswirken, indem sie diesen zeitlich entlasten (Bossmann, 1984, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Eltern erhalten Einblick in die schulischen Tätigkeiten ihrer Kinder und können in den Schulprozess eingebunden werden (Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck et al., 2000). Bei der Überprüfung der Hausaufgaben ist es Eltern möglich, ihre positive Einstellung zur Leistung des Kindes auszudrücken (Cooper & Valentine, 2001). Negative Effekte von Hausaufgaben Der Einsatz von Hausaufgaben als Druck- und Disziplinierungsmittel kann sich negativ auf die Beziehung zu LehrerInnen und Eltern auswirken und so auch die Entstehung von Konflikten in Schule und Familie begünstigen (Geissler & Schneider, 1982; Hintz, Pppel & Rekus, 1995; Petersen et al., 1990, alle zitiert nach Hascher & Bischof, 2000; Keck, 1978; Schwemmer, 1980, beide zitiert nach Tietze et al., 1987). Eltern haben entweder oft keine Zeit bzw. Möglichkeit, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen (Muhlenbruck et al., 2000), oder sie fungieren bei der Hausaufgabenbetreuung als eine Art Lehrer (Hascher & Bischof, 2000; Tietze et al., 1987), wodurch insbesondere Mütter zeitlich belastet werden (Enders-Dragässer, 1981, 1982, zitiert nach Tietze et al., 1987). So halfen in 41% bzw. 30% der von Tietze und Mitarbeitern (1987) befragten Familien von GrundschülerInnen der 2. bzw. 4. Schulstufe die Mütter oft oder sehr oft bei der Erledigung der Hausaufgaben, während nur 7% bzw. 6% der Väter eine derartige Hilfe übernahmen. Die Einbeziehung der Eltern in den Hausaufgabenprozess kann bei den Kindern Verwirrung erzeugen, wenn sich die elterlichen Instruktionen von jenen der LehrerInnen unterscheiden (Cooper & Valentine, 2001). 2.3 Einflussgrößen auf Arbeitszeit und HausaufgabenEs kann angenommen werden, dass die Arbeitszeit für die Schule sowie die Hausaufgabensituation durch verschiedene Faktoren bestimmt werden. Die vielfältigen und komplexen Einflussgrößen werden meist in die Bereiche "Schüler", "Schule" und "Familie" gegliedert (vgl. Cooper & Valentine, 2001; Muhlenbruck et al., 2000; Tietze et al., 1987; Wagner & Spiel, 1999). Bei den Schülervariablen werden insbesondere der Leistungsstand, die Fähigkeiten und das kognitive Niveau der SchülerInnen hervorgehoben (Carroll, 1963, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999; Tietze et al., 1987). Mit diesen Faktoren können Arbeitsverhalten (Tietze et al., 1987), Lerngewohnheiten (Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000) und Lerntempo (Petersen, Reinert & Stephan, 1990, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) in Zusammenhang gebracht werden. Neben diesen überwiegend leistungsbezogenen Variablen spielt auch eine Reihe psychologischer Parameter eine Rolle. So können Arbeitszeit und Hausaufgabensituation von Ausdauer, Arbeitshaltung, Leistungsmotivation, Anspruchsniveau, Selbstkonzept, Ängstlichkeit sowie von Einstellungen der SchülerInnen zu Hausaufgaben beeinflusst werden (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Wagner & Spiel, 1999). Im Bereich des schulischen Umfeldes sind die Qualität des Unterrichts, die Kontrolle und der Leistungsdruck der LehrerInnen von Bedeutung (Carroll, 1963; Heckhausen, 1980; Krug & Rheinberg, 1980, alle zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Umfang, Schwierigkeitsgrad und Strukturierung der Hausaufgaben werden in erster Linie durch die Schule bestimmt (Cooper & Valentine, 2001; Tietze et al., 1987). Zu den Elternvariablen werden meist Erziehungsstil, elterliche Kontrolle, Leistungsdruck und elterliche Unterstützung gezählt (vgl. Cooper, 1989, zitiert nach Muhlenbruck et al., 2000; Tietze et al., 1987; Wagner & Spiel, 1999). Von Tietze und Mitarbeitern (1987) werden Berufstätigkeit der Mutter, elterliche Bildungsaspiration und emotionale Zuwendung zum Kind bei schlechten Schulleistungen als weitere familiäre Faktoren angeführt. Nach Cooper und Valentine (2001) beeinflusst die häusliche Umgebung den Hausaufgabenprozess, indem sie eine Atmosphäre schafft, die das Lernen des Kindes fördert oder hemmt. Neben der häuslichen Umgebung kann auch das weitere soziale Umfeld Einfluss auf Arbeitszeit und Hausaufgaben nehmen, da dieses Möglichkeiten für diverse Freizeitaktivitäten bietet, für welche SchülerInnen ebenfalls Zeit aufbringen (Cooper & Valentine, 2001).
3. ErhebungsmethodenIm folgenden Abschnitt wird sowohl auf die Erfassung des häuslichen Zeitaufwandes für die Schule als auch auf Erhebungsmethoden des schulischen Erfolges eingegangen. 3.1 Arbeitszeit für die SchuleZur Erfassung der Zeit, die SchülerInnen außerhalb des regulären Unterrichts für die Schule aufwenden, werden häufig Eltern- bzw. LehrerInnen-Befragungen durchgeführt. In der Studie von Tietze und Mitarbeitern (1987) zur Hausaufgabensituation sollten etwa Eltern von GrundschülerInnen u.a. angeben, wieviel Zeit ihre Kinder für die Erledigung der Hausaufgaben benötigen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie gut Eltern oder LehrerInnen über den tatsächlichen Zeitaufwand der SchülerInnen Bescheid wissen (Wagner & Spiel, 1999). Verschiedenen Untersuchungen zufolge stimmen Selbsteinschätzungen der SchülerInnen im Wesentlichen mit Angaben der Eltern überein (vgl. Eigler & Krumm, 1972; Holzmüller, 1982, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999); LehrerInnen erachten hingegen den schulbezogenen häuslichen Zeitaufwand der SchülerInnen oft für deutlich geringer als dies in Wirklichkeit der Fall ist (vgl. Petersen, Reinert & Stephan, 1990; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Haag (1991, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) erbrachte einen empirischen Nachweis davon, dass retrospektive globale Einschätzungen der Hausaufgabendauer durch SchülerInnen in nur geringem Ausmaß mit täglichen Protokollen übereinstimmten. Dieser Umstand und die hohe ökologische Validität von Tagebüchern in häuslichen Umgebungen (vgl. Wagner & Spiel, 1999) sprechen für deren Einsatz bei Studien, die sich mit der Frage nach dem Zeitaufwand für die Schule befassen. Die Datenerhebung der häuslichen Arbeitszeit erfolgte jedoch nur selten mittels von SchülerInnen selbst vorgenommener täglicher Aufzeichnungen (vgl. Haag, 1991; Vetter, 1983, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). Wagner und Spiel (1999) gebrauchten in ihren Studien zum Thema Arbeitszeit für die Schule eine Art Tagebuch. Die SchülerInnen mussten in einem Heft täglich über eine Woche hindurch protokollieren, wieviel Zeit sie zu Hause in verschiedene schulbezogene Aktivitäten investierten. Die Eintragungen wurden getrennt für Schularbeits- und Nebenfächer durchgeführt und bezogen sich auf das Erledigen von Hausaufgaben, das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests, das Wiederholen des aktuellen Stoffes sowie auf das Vorbereiten von Referaten. 3.2 SchulerfolgZur Erhebung der schulischen Leistung werden in den verschiedenen Studien Schulnoten (vgl. Wagner & Spiel, 1999) oder standardisierte Leistungstests (vgl. Hascher & Bischof, 2000; Muhlenbruck et al., 2000) herangezogen. Tietze und Mitarbeiter (1987) bildeten eine Skala aus Schulnoten und Ergebnissen verschiedener Intelligenz- und Leistungstests, wobei nicht hervorgeht, wie sie auf ein derartiges Maß für die Schulleistung kamen.
4. Zeitaufwand in Primar- und SekundarstufeDie Schulbehörden verschiedener westlicher Länder geben in Abhängigkeit von Alter bzw. Schulstufe der Kinder Richtlinien für die Dauer der häuslichen Arbeitszeit für die Schule. Gemäß den rechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen sollen Hausaufgaben so gestellt werden, dass deren Erledigung z.B. bei GrundschülerInnen der 2. Klasse maximal 30 Minuten bzw. bei jenen der 4. Schulstufe höchstens 60 Minuten täglich in Anspruch nimmt (Kultusminister Nordrhein-Westfalen, 1974, zitiert nach Tietze et al., 1987). SchülerInnen der Grundschule (1. bis 4. Schulstufe) benötigen ihren eigenen Angaben zufolge überwiegend zwischen 30 und
120 Minuten täglich für die Hausaufgaben (Leidenfrost, 1994; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). In einem Erlass der Wiener Schulbehörde (Stadtschulrat für Wien, 1993, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) wurden u.a. für die Sekundarstufe Maximalzeiten festgelegt. So sind für die 5. und 6. Schulstufe maximal 5 Stunden pro Woche vorgesehen, in der 7. und 8. Schulstufe sollen wöchentlich höchstens 6 Stunden 15 Minuten und von der 9. bis zur 12. Schulstufe maximal 7 Stunden 30 Minuten investiert werden. Die Mehrheit der SchülerInnen in der Sekundarstufe (5. bis 8. Schulstufe) benötigt nach eigenen Angaben zwischen 30 und 180 Minuten pro Tag (Petersen et al., 1990; Wittmann, 1970, beide zitiert nach Wagner & Spiel, 1999). In der Untersuchung von Vetter (1983, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) wurden genaue Aufzeichnungen von GymnasiastInnen der 7. bis 11. Schulstufe erhoben, denen zufolge die tägliche Arbeitszeit für die Schule durchschnittlich 107.5 Minuten beträgt. In den Studien von Wagner und Spiel (1999) wurde der häusliche Zeitaufwand für verschiedene schulbezogene Aktivitäten von
Wiener GymnasiastInnen der 10. Schulstufe differenziert erfasst. Die SchülerInnen sollten für die Dauer einer Woche in eine Art Tagebuch eintragen, wieviel
Zeit sie täglich für das Erledigen von Hausaufgaben, das Wiederholen des aktuellen Stoffes, das Lernen für Schularbeiten bzw. Tests und für
das Vorbereiten von Referaten aufwendeten. In der zweiten erweiterten Studie von Wagner und Spiel (1999) lag die Arbeitszeit bei mehr als der Hälfte der
SchülerInnen (54.2%) über der von der Wiener Schulbehörde vorgesehenen wöchentlichen Maximalzeit von 7 Stunden 30 Minuten. In einer
Woche investierten die SchülerInnen durchschnittlich 9.82 Stunden in die schulbezogenen häuslichen Aktivitäten. Der Erlass der Wiener Schulbehörde (Stadtschulrat für Wien, 1993, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) enthält neben der
Festlegung der Maximalzeiten für die schulbezogene häusliche Arbeit auch die Forderung, dass sich diese Zeiten auf Montag bis Freitag aufteilen,
während das Wochenende arbeitsfrei sein soll. Die Ergebnisse verschiedener Studien stimmen also überwiegend weder hinsichtlich des tatsächlichen Zeitaufwandes für die häusliche Arbeit noch bezüglich dessen Verteilung über die Schulwoche mit den Vorgaben der Schulbehörden überein. SchülerInnen- bzw. Eltern- und LehrerInnenangaben zur Arbeitszeit, die für die Schule aufgewendet wird, aber auch Angaben innerhalb derselben befragten (Schüler-)Stichprobe weisen im Allgemeinen eine hohe Variabilität auf (vgl. Wagner & Spiel, 1999). Die zeitlichen Schwankungen bei der Arbeitszeit sind scheinbar auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. So stellt sich die Frage nach den Determinanten des häuslichen Zeitaufwandes für die Schule, auf welche in der Folge eingegangen werden soll.
5. Determinanten der Arbeitszeit für die SchuleIn diesem Abschnitt werden verschiedene Faktoren angeführt, die die Arbeitszeit und daraus resultierend auch den Schulerfolg potentiell beeinflussen. Dabei bildet ein Modellansatz den Rahmen für die Darstellung einiger Untersuchungsergebnisse.
5.1 Das Modell von Helmke und SchraderHelmke und Schrader (1996, zitiert nach Wagner & Spiel, 1999) entwickelten ein Modell, das primär der Vorhersage des Lernerfolgs im Universitätsstudium dienen sollte, jedoch auch auf den schulischen Lernerfolg übertragen werden kann. Verschiedene Faktoren werden mit der Arbeitszeit sowie mit dem sich daraus ergebenden Lernerfolg in Beziehung gesetzt. Die in dem Modell enthaltenen Determinanten werden nun beschrieben. Der Bereich "persönlicher Hintergrund" umfasst die Variablen Alter, Geschlecht, Lernerfahrung, Wohn-, Finanz- und
familiäre Situation. 5.2 Untersuchungsergebnisse zu den Determinanten der Arbeitszeit für die SchulePersönlicher Hintergrund Familiäre Situation: Psychologische Personenvariablen Institutionelle und ökologische Bedingungsfaktoren
Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Arbeitszeit bzw. Hausaufgaben und schulischer Leistung weisen hohe Diskrepanz auf. Studien diesen Inhalts lassen v.a. zwei Herangehensweisen erkennen. Zum einen wird versucht, den Zeitaufwand für die Schule bzw. das Erledigen von Hausaufgaben in Hinblick auf zukünftige Schulerfolge zu untersuchen; zum anderen wird die Arbeitszeit für die Schule in Abhängigkeit von der bereits bestehenden Schulleistung betrachtet. Bislang konnte der leistungssteigernde Effekt von Hausaufgaben empirisch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Dennoch zeigen verschiedene
Studien, dass der Zusammenhang zwischen Hausaufgaben und Leistung in höheren Schulstufen stärker ist als etwa in der Grundschule. In der zweiten Studie von Wagner und Spiel (1999) wurde zwischen Arbeitszeit und Schulnoten eine Korrelation von 0.12 festgestellt. Wagner und
Spiel (1999) weisen darauf hin, dass dieser numerisch niedrige Koeffizient nicht verwunderlich erscheint, da man davon ausgehen kann, dass SchülerInnen mit
guten, durchschnittlichen oder schlechten Noten sowohl viel als auch wenig Zeit für schulbezogene häusliche Aktivitäten aufwenden.
7. DiskussionNach der Bearbeitung der vorliegenden Literatur ist es nicht möglich, zu einer allgemeinen Aussage bezüglich Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg zu gelangen. Die meist diskrepanten Untersuchungsergebnisse resultieren wohl vorwiegend aus den nur eingeschränkt vergleichbaren Studien. Die Befragungen beziehen sich auf unterschiedliche Alters- bzw. Schulstufen, Schultypen und Schulsysteme. Die untersuchten Stichproben setzen sich auf der einen Seite entweder aus Eltern, SchülerInnen oder LehrerInnen zusammen, andererseits werden diese auch gleichzeitig mit einbezogen. Den Studien liegen unterschiedlich gewählte Definitionen, Operationalisierungen und Erhebungsmethoden von Arbeitszeit und Schulerfolg zugrunde. Gegenüber den meist retrospektiven Einschätzungen der Arbeitszeit durch SchülerInnen, Eltern oder LehrerInnen ist den von SchülerInnen selbst vorgenommenen täglichen Protokollierungen in Form von Tagebüchern (vgl. Wagner & Spiel, 1999) aufgrund ihrer hohen ökologischen Validität in häuslichen Umwelten der Vorzug zu geben. Doch auch bei derartigen Aufzeichnungen ist nicht überprüfbar, ob diese wirklich täglich und wahrheitsgetreu erfolgen. Bei der Beschäftigung mit dem Thema Arbeitszeit für die Schule und Schulerfolg sollte die Individualität der einzelnen
SchülerInnen berücksichtigt werden. So ist zu bedenken, dass sowohl gute als auch schlechte SchülerInnen unterschiedlich lange Arbeitszeiten
für die Schule benötigen. Dies geht auch aus der hohen Variabilität in den Angaben zum Zeitaufwand in ein und derselben Stichprobe hervor (vgl.
Wagner & Spiel, 1999). Es ist bedenklich, dass die Vorgaben der Schulbehörden bezüglich häuslicher Arbeitszeit für die Schule in den meisten empirischen Studien überschritten werden. Für die Grundschule hat sich gezeigt, dass SchülerInnen, die keine Hausaufgaben machen mussten, keine schlechteren Leistungen erbrachten als solche, die Hausaufgaben erledigten (vgl. Wittmann, 1970, zitiert nach Hascher & Bischof, 2000). Dies liegt wohl daran, dass in der Grundschule genügend Zeit für vermehrtes Wiederholen und Lernen eingeräumt wird. In der Sekundarstufe gibt der Lehrplan für ausreichendes Wiederholen und gemeinsames Erarbeiten der Lerninhalte zu wenig Raum, was eine längere häusliche Arbeitszeit für die Schule zufolge hat. Um eine Lösung für das Problem des zu großen Zeitaufwandes zu finden, wäre es günstig, mehr Kommunikation unter den LehrerInnen zu erwirken, wodurch die einzelnen Hausaufgaben besser aufeinander abgestimmt werden könnten.
8. LiteraturCooper, H. & Valentine, J. C. (2001). Using research to answer practical questions about homework. Educational Psychologist, 36 (3),
143153.
© Dorothea König, 2002
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